BERLIN (dpa-AFX) - Mit mehreren riesigen Rüstungsprojekten wollen Deutschland und Frankreich militärisch enger zusammenrücken. Vertreter der Verteidigungsministerien beider Länder unterzeichneten am Donnerstag auf der Luftfahrtmesse ILA in Berlin mehrere Vereinbarungen, unter anderem ein Papier zum gemeinsamen Bau eines neuen Kampflugzeugs. Das Dokument beschreibt die grundlegenden militärischen Anforderungen an den neuen Kampfjet. Im Juni soll dann ein Fahrplan für das Rüstungsgroßprojekt folgen. Die Flugzeugbauer Airbus und Dassault hatten zum ILA-Auftakt am Mittwoch bereits eine entsprechende Kooperation beim Kampfjet-Bau vereinbart.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sprach bei einem Messebesuch mit ihrer französischen Amtskollegin Florence Parly von einem historischen Schritt für Europa. Die CDU-Ministerin sagte, es brauche ein starkes Europa, das seine Menschen und seine Werte schützen könne. "In einer unsicherer werdenden Welt ist es deshalb auch wichtig, dass wir gemeinsam Vorsorge treffen." Die Ausrüstung der Streitkräfte werde technisch immer aufwendiger und teurer. "Da ist es klug, dass wir uns in Europa zusammenzutun, um die nächste Generation der Technologie gemeinsam zu entwickeln - ganz egal, ob es schwimmende, rollende oder fliegende Systeme sind."

Die neuen Kampfjets sollen bis 2040 die Eurofighter und Rafale-Flotten beider Länder ergänzen und schließlich ersetzen. Am Ende soll nicht nur ein einzelner Kampfflieger stehen, sondern ein Gesamtsystem, das auch Drohnen und Satelliten steuern kann. Deutschland und Frankreich hatten sich bereits im Juli 2017 auf die Zusammenarbeit verständigt. In Zukunft werde es ein Flugzeug für beide Nationen geben, sagte von der Leyen. "Und wenn andere Partner es wünschen, können sie selbstverständlich auch zu uns stoßen."

Das Projekt zeige, dass Europe in der Lage sei, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und für eigene Autonomie sorgen zu können, sagte Parly. Viele andere Initiativen würden folgen.

Auch Vereinbarungen zum Betrieb einer gemeinsamen Flotte von C-130-Hercules-Transportmaschinen und eine Absichtserklärung zur Entwicklung eines Marine-Patrouillenflugzeugs, eines sogenannten Seefernaufklärers, wurden unterzeichnet. Beide Länder wollten in nächsten 15 Jahren auch gemeinsam die nächste Kampfpanzer-Generation entwickeln, sagte von der Leyen. Man wolle die jeweiligen Stärken der Industrien beider Länder optimal nutzen.

Frankreich ist in diesem Jahr die Partnernation der Ausstellung. Von der Leyen und Parly flogen für den Messebesuch extra mit einem Transportflugzeug A400M ein. Das europäische Gemeinschaftsprojekt macht immer wieder wegen Verzögerungen und Pannen Schlagzeilen. "Die Entwicklung des A400M ist uns eine Lehre gewesen", sagte von der Leyen. "Wir haben aus unseren Fehlern gelernt." Die beteiligten Nationen würden bei den anstehenden Rüstungsprojekten mit einer Stimme sprechen, bei jedem Projekt habe ein Land die Führung inne.

Die Linke kritisierte die Kampfjet-Pläne. "Selbst wenn man der Ansicht wäre, ein solches Kampfflugzeug sei nötig, sollten doch die bisherigen Erfahrungen mit länderübergreifenden europäischen Rüstungsprojekten wie dem Airbus A400M hier zur Vorsicht mahnen", betonte die Europaabgeordnete Sabine Lösing. "Dem irrwitzigen Streben nach autonomen Militärkapazitäten wird jede Vernunft untergeordnet. Aller Wahrscheinlichkeit nach haben Parly und von der Leyen heute den ersten Spatenstich für ein neues Millionengrab getätigt."/poi/DP/zb