- von Tim Hepher und Jörn Poltz

Weil die Nachfrage eingebrochen ist, nimmt der europäische Hersteller das größte und schwerste Flugzeug der Welt in zwei Jahren aus dem Programm. "Es war eine schmerzliche Entscheidung für uns", sagte der scheidende Airbus-Chef Tom Enders am Donnerstag im französischen Toulouse. Aber man könne nicht am Kunden vorbeiproduzieren. Die gesamte Branche steuere um, die Ära der Riesenflieger mit vier Triebwerken gehe zu Ende. "Es gab Mutmaßungen, dass wir zehn Jahre zu früh dran waren", sagte Enders. "Ich denke, es ist klar, dass wir zehn Jahre zu spät waren."

Der Deutsche Enders, der zum letzten Mal die Airbus-Bilanz vorstellte, verlässt das Cockpit in zwei Monaten und macht Platz für den Franzosen Guillaume Faury. Auf den letzten Metern zog er nun beim einstigen Prestige-Projekt die Reißleine. Den Ausschlag für das Aus des A380 gab eine Auftragskürzung des Hauptkunden Emirates. Aber auch andere Airlines bevorzugen inzwischen kleinere Großraumflieger, die sich angesichts hoher Kerosinpreise wirtschaftlicher betreiben lassen. Das setzt auch dem Erzrivalen Boeing mit seinem Konkurrenzprodukt zu, der Boeing 747 mit ebenfalls vier Triebwerken. Sie hat gerade ihr 50-jähriges Jubiläum gefeiert, wird heute aber überwiegend nur noch als Frachtflugzeug neu bestellt.

Am Markt überwog die Erleichterung darüber, dass es nun Klarheit über den A380 gibt. In Paris stiegen Airbus-Aktien um bis zu 6,3 Prozent auf 110,94 Euro und verfehlten ihr bisheriges Rekordhoch nur um wenige Cent. Der Flugzeugbauer habe sehr starke Quartalsergebnisse vorgelegt, sagte ein Börsianer. Während die Zahl der produzierten A380-Maschinen von einstmals 30 Stück pro Jahr auf nur noch acht in diesem Jahr sinkt, will Airbus die Flugzeugproduktion insgesamt hochfahren. Denn der Auftragsbestand des Konzerns erreichte Ende 2018 nach Airbus-Angaben einen Branchenrekord von 7.577 Flugzeugen.

SORGE UM DIE JOBS - ABER NUR EIN BISSCHEN

Der Produktionsstopp für den A380, dem im Jahr 2021 die letzte Auslieferung folgen soll, betrifft 3000 bis 3500 Beschäftigte. Airbus kündigte umgehend Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern an und versprach: Es werde zahlreiche Möglichkeiten zu internen Stellenwechseln geben, da die Produktion des beliebten Mittelstreckenjets A320 hochlaufe und zugleich Emirates andere Flugzeuge bestellt habe.

Die Bundesregierung fürchtet deswegen keinen größeren Arbeitsplatz-Abbau in Deutschland. "Der größte Teil der betroffenen A380-Stellen entfällt auf Frankreich. In Deutschland geht es um rund 1000 Jobs", sagte Luftfahrt-Koordinator Thomas Jarzombek der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir gehen davon aus, dass sie weitgehend erhalten bleiben und an anderen Flugzeugtypen dann arbeiten." Das Wirtschaftsministerium erklärte, es sei von Airbus vorab informiert worden und erwarte, dass die betroffenen Mitarbeiter bei anderen Airbus-Flugzeug-Programmen beschäftigt werden. Auch die IG Metall gab sich gelassen. "Durch die A320, A330 und A350 haben die Beschäftigten an den norddeutschen Standorten reichlich Arbeit", erklärte Bezirksleiter Meinhard Geiken. Betriebsbedingte Kündigungen seien bis Ende nächsten Jahres ohnehin ausgeschlossen.

RENTABEL ALS NISCHENPRODUKT

Seinen Jungfernflug hatte der A380, der mit bis zu 853 Sitzen ausgestattet werden kann und laut Listenpreis knapp eine halbe Milliarde Dollar kostet, im April 2005 - von Airbus angepriesen als die "Zukunft des Langstrecken-Reisens". Von Beginn an machte der Superjumbo aber mit einer Pannenserie Schlagzeilen, viele Auslieferungen verzögerten sich. Insgesamt 14 Fluggesellschaften haben den A380 in der Flotte, allerdings mit großen Unterschieden: Bei Emirates sind es 100 Exemplare, bei der Lufthansa gerade einmal 14. Für Lufthansa-Chef Carsten Spohr ist der Riesenflieger zwar hoch angesehen, rentiert sich aber nur als Nischenprodukt. "Der Airbus A380 ist ein faszinierendes und in vielerlei Hinsicht herausragendes Flugzeug", erklärte er. "Es hat sich allerdings gezeigt, dass ein profitabler Einsatz der A380 nur auf den extrem nachgefragten Strecken möglich ist." Denn wenn die Sitze leerbleiben, verbrennt die Maschine mehr als alle anderen viel Geld, kritisieren auch Branchenanalysten.

Emirates-Chef Ahmed bin Saeed al-Maktoum äußerte Bedauern darüber, dass er den alles entscheidenden Großauftrag kürzen musste. Die arabische Airline, die ihre vorhandenen A380-Maschinen nach eigenem Bekunden langfristig weiter betreiben will, kürzte die Bestellungen von 162 auf 123. In den kommenden zwei Jahren wird Emirates damit nur noch 14 Exemplare in Empfang nehmen. Das lasse sich nicht durch Bestellungen anderer Kunden ausgleichen, erklärte Airbus. Emirates setze bei Neuanschaffungen auf kleinere Großraumflugzeuge: Die Airline habe nun 40 Exemplare vom Typ A330 sowie 30 Maschinen des A350 in Auftrag gegeben.

Die Geschäfte bei Airbus florieren also trotzdem. Mit seinen Zahlen 2018 schnitt Airbus insgesamt besser ab als erwartet: Der Umsatz stieg auf 63,7 Milliarden Euro von 59,0 Milliarden ein Jahr zuvor. Das Betriebsergebnis (bereinigtes Ebit) kletterte auf 5,83 Milliarden Euro von 3,19 Milliarden. Auch das sorgte bei Börsianern für gute Stimmung.