"Wir werden zügig entscheiden, wie wir mit dieser konfliktären Interessenlage umgehen", sagte Kaeser nach einem Treffen mit der Klimaaktivistin Luisa Neubauer ("Fridays for Future") am Freitag in Berlin. Er wolle bis Montag im Vorstand beraten, ob Siemens aus dem unterschriebenen 18 Millionen Euro schweren Vertrag für die Lieferung von Zug-Signaltechnik für das Kohlebergwerk im australischen Bundesstaat Queensland aussteigen werde, wie es Neubauer forderte. "Es ist klar, dass diese Entscheidung nicht einfach ist", sagte Kaeser. Siemens sei dem Vertragspartner und den Aktionären verpflichtet, wolle aber auch der Verantwortung für das Klima gerecht werden.

Der indische Energiekonzern Adani Power will in Australien Kohle fördern, die mit Zügen zum Hafen gebracht und in Kraftwerken in Indien verfeuert werden soll. Das Projekt stößt - auch vor dem Hintergrund der Buschfeuer in Australien - auf erbitterten Widerstand von Organisationen wie "Fridays for Future" (FFF). Sie kritisieren, dass die geplanten Kraftwerke fünfmal so viel Kohlendioxid (CO2) ausstoßen wie Deutschland in einem ganzen Jahr. "Das kann Siemens nicht machen, gerade als ein Konzern, der bei jeder Gelegenheit betont, wie wichtig ihm das Klima ist", sagte Neubauer zu Reuters TV. Kaeser müsse auch danach handeln. "Es wird sich zeigen, ob Siemens dem gewachsen ist und mutig genug ist, diese Entscheidung zu fällen." Die australische Regierung steht allerdings hinter dem Mega-Projekt.

"DAS HABEN WIR NICHT GUT GEMACHT"

Kaeser hatte Neubauer, das Gesicht von "Fridays for Future" in Deutschland, angesichts der lauter werdenden Kritik an dem Projekt zu einem Gespräch eingeladen. Die seit Wochen anhaltenden Buschbrände in Australien hatten die Debatte um den Klimawandel neu angefacht. Der Siemens-Chef ließ erkennen, dass er die Annahme des Auftrags kritisch sieht, verwies aber auch darauf, dass sich mehrere Anbieter darum beworben hätten. Er habe erst im Dezember von der Unterschrift erfahren. "Das haben wir nicht gut gemacht."

Kaeser sagte, er habe der Klima-Aktivistin einen Posten im Aufsichtsgremium der vor dem Börsengang stehenden Sparte Siemens Energy angeboten. Neubauer wolle sich das überlegen. Sie wollte sich nach dem eineinhalbstündigen Gespräch nicht zusammen mit Kaeser dazu äußern. Begleitet wurde das Treffen von einer Serie von Protestaktionen von "Fridays for Future" vor Siemens-Standorten in ganz Deutschland.