Zürich (awp) - Beim Industriekonzern ABB kommt es zu einem Wechsel an der Spitze. Der in den vergangenen Jahren immer wieder kritisierte Ulrich Spiesshofer gibt seinen Posten als Konzernchef per sofort ab. Interimistisch übernimmt VR-Präsident Peter Voser das Ruder.

Spiesshofer wirft das Handtuch zu einem überraschenden Zeitpunkt. Nur weniger Monate zuvor hatte der Konzern den von verschiedenen Aktionären immer wieder geforderten Verkauf der Stromnetzsparte in die Wege geleitet.

Er wolle sich nun eine Auszeit gönnen, erklärte der scheidende CEO in einem Communiqué vom Mittwoch. Man habe sich mit Spiesshofer auf einen Rücktritt geeinigt, so die offizielle Sprachregelung in der ABB-Mitteilung.

Ein Nachfolger für Spiesshofer steht noch nicht bereit, die Suche wurde laut ABB eingeleitet. Das dürfte auf eine schnelle Entwicklung in dieser wichtigen Personalfrage hinweisen.

Nun übernimmt Verwaltungsratspräsident Peter Voser die Aufgaben des Konzernchefs interimistisch. Voser war von 2002 bis 2004 Finanzchef bei ABB.

Umsatz wächst schneller als Bestellungen

Gleichzeitig publizierte das Unternehmen, ebenfalls überraschend und zwei Wochen früher als geplant, die Zahlen für das erste Quartal 2019. Diese zeigen für die verbleibenden drei ABB-Sparten hinsichtlich des Umsatzes eine etwas bessere Entwicklung als beim Auftragseingang.

Unter Berücksichtigung der Portfolio- und Währungseffekte legte der Umsatz um 4 Prozent auf 6,85 Milliarden US-Dollar zu und der Auftragseingang um 3 Prozent auf 7,61 Milliarden.

Mehr Aufträge erhielten die Divisionen Elektrifizierungsprodukte (+6%) und Robotik & Antriebe (+5%), wogegen die Division Industrieautomation (-5%) einen Rückschlag verzeichnete. ABB spricht von einer "gemischten" Nachfrage in den einzelnen Kundensegmenten.

Stark war die Nachfrage in Prozessindustrien wie Zellstoff, Papier und Bergbau oder auch nach Serviceangeboten und ABB Ability-Lösungen. Die Aktivitäten im Bereich Fertigungsautomation und im Automobilbereich verlangsamten sich dagegen.

Integrationskosten belasten

Die Profitabilität wurde durch die Integration der von General Electric übernommenen Sparte Industrial Solutions (GEIS) belastet. Hinzu kamen negative Effekte durch so genannte "Stranded Costs", die im Zusammenhang mit dem laufenden Devestitionsprozess der Stromnetzsparte anfielen. "Stranded Costs" sind laut ABB die Konzern für Stromnetze erbrachte Dienstleistungen, die aber nicht die Kriterien für eine Bilanzierung als nichtfortgeführte Aktivitäten erfüllen.

ABB geht davon aus, dass der Grossteil dieser Kosten entweder auf die Stromnetze übertragen wird, oder mit dem im ersten Halbjahr 2020 erwarteten Abschluss der Transaktion wegfällt.

Der operative Gewinn (EBITA) nahm zwar um 2 Prozent auf 766 Millionen Dollar zu, die entsprechende Marge sank allerdings um einen halben Prozentpunkt auf 11,2 Prozent. Der Reingewinn lag mit 535 Millionen um 6 Prozent unter dem Vorjahresquartal.

Im Ausblick bleibt ABB wie üblich sehr vage. Die makroökonomischen Signale für Europa seien gemischt, während für die USA und China ein anhaltendes Wachstum erwartet werde, heisst es dazu. Die globalen Märkte würden zwar wachsen, dies allerdings bei steigenden geopolitischen Unsicherheiten in verschiedenen Teilen der Welt.

cf/ra