Um einen sicheren Tourismus in Europa wieder in Gang zu bringen, will sich die Bundesregierung mit den wichtigsten Reiseländern auf gemeinsame Standards in der Corona-Krise verständigen.

Man habe die Planungen abgeglichen, sagte Außenminister Heiko Maas am Donnerstag nach einer Schalte mit seinen Kollegen aus zwölf europäischen Ländern. Dabei sei es etwa um die Mindeststandards beim Infektionsschutz und mögliche Reaktionen im Falle wieder steigender Infektionszahlen gegangen. Es gebe sehr großes Interesse an der Corona-Tracing-App, die die Bundesregierung kommende Woche vorstellen will. Die App soll Bürger warnen, wenn sie mit Corona-Infizierten in Berührung gekommen sind.

Deutschland will zusammen mit den anderen EU-Staaten ab Montag wieder touristische Reisen in der EU und dem Schengenraum ermöglichen. Zudem sollen bei Drittstaaten individuell geprüft werden, ob sie die Kriterien erfüllen, damit die Reisewarnung durch einen Reisehinweis ersetzt werden kann, sagte Maas. Darüber sei er etwa mit der Türkei im Gespräch, einem wichtigen Reiseland für deutsche Touristen. Maas fordert die strikte Einhaltung der Corona-Maßnahmen wie Abstandsregeln und warnte, dass bei einem erneuten Anstieg der Infektionszahlen auch Reisehinweise innerhalb Europas wieder durch Reisewarnungen ersetzt werden müssten. Die Grünen-Europapolitikerin Franziska Brantner kritisierte aber, dass es keine verbindliche Abstimmung mit den europäischen Regierungen für Urlaube in der EU gegeben habe. "Das ist unverantwortlich und fahrlässig. Grenzschließungen dürfen nicht wieder die Antwort sein, falls eine zweite Welle kommt", sagte sie.

Die EU-Kommission schlug drei Kriterien für die Aufhebung der Reisewarnung für Drittstaaten vor: Die Länder sollten das Virus mindestens so unter Kontrolle haben wie die EU-Staaten im Durchschnitt. Sie sollten EU-Touristen überhaupt aufnehmen wollen und Möglichkeiten für Quarantäne-Unterbringungen vorweisen. EU-Innen-Kommissarin Ylva Johansson schlug vor, Reisende aus den Westbalkan-Staaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien in die EU einreisen zu lassen.

Maas sagte, dass es in der Abstimmung großes Interesse an der Corona-App gegeben habe. Er glaube, dass die App, die die Bundesregierung kommende Woche auf freiwilliger Basis einführen will, eine große Rolle auch im Urlaub spielen werde. Nach Angaben aus der Bundesregierung wird derzeit daran gearbeitet, verschiedene nationale Apps miteinander kompatibel zu machen. Das würde ein Infektionsrisiko auch um Urlaub anzeigen.

Die von der Regierung zusammen mit SAP und der Deutschen Telekom entwickelte Corona-Tracing-App kostet nach Angaben aus der Bundesregierung rund 20 Millionen Euro. Der laufende Betrieb werden bis zu 3,5 Millionen Euro kosten, unter anderem für zwei Hotlines. Die Tracing-App sei kein Allheilmittel, sondern ein weiteres Instrument, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen.

Die Daten sollen zudem nur dezentral auf dem Handy gespeichert und nicht an eine zentrale staatliche Stelle wie etwa das Robert-Koch-Institut übermittelt werden. Ende April waren für die Entwicklung die Deutsche-Telekom-Tochter T-Systems sowie der Walldorfer Softwareanbieter SAP ins Boot geholt worden. Gesundheitsminister Jens Spahn hatte davon gesprochen, dass es ein Erfolg wäre, wenn "in den kommenden Wochen einige Millionen Bürger" die App nutzen würden.