BRÜSSEL/BERLIN (dpa-AFX) - Aus dem Spanien-Urlaub kurz zuhause anrufen? Seit dem Wegfall der Roaming-Gebühren in der EU ist das ohne horrende Telefonrechnung möglich. Für die EU ist es ein Vorzeigeprojekt, denn selten ist der persönliche Nutzen der Staatengemeinschaft so unmittelbar spürbar. Am Mittwoch kommt ein weiterer Bonus hinzu. Dann werden die Gebühren für Telefonate und SMS aus dem Heimatland ins EU-Ausland gedeckelt. Verbraucherschützer begrüßen die neuen Regeln - sehen aber noch Luft nach oben.

Der Unterschied zwischen dem Roaming-Aus vor zwei Jahren und den neuen Regeln wirkt auf den ersten Blick minimal - ist aber entscheidend. Das musste auch Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) erfahren. Nachdem sie viel in die Niederlande telefoniert habe, habe sie eine Rechnung über rund 400 Euro bekommen, erzählte Barley im vergangenen Jahr. Ihr Freund ist der niederländische Basketballtrainer Marco van den Berg.

Was sie offenbar nicht wusste: Für Gespräche ins EU-Ausland gilt die Roaming-Verordnung nicht. Stattdessen geht es darum, dass der Handytarif im EU-Ausland genau so gilt wie zuhause. Beim Heimatanruf aus dem Urlaub sparen Verbraucher also bares Geld.

Bei Anrufen aus dem Heimatland in ein anderes EU-Land - wie in Barleys Fall - greift diese Regelung allerdings nicht. Ruft eine Deutsche also ihren Freund in den Niederlanden an, der eine niederländische Telefonnummer hat, konnte es bislang teuer werden. Laut Europäischem Verbraucherverband fielen in Deutschland bislang bis zu 1,99 Euro pro Minute für Auslandsgespräche per Handy an.

Vom 15. Mai an werden nur noch maximal 19 Cent pro Minute fällig, egal ob Festnetz-Telefon oder Handy. Eine SMS kostet dann maximal 6 Cent. Hinzu kommt die Mehrwehrsteuer.

Die EU-Kommission nannte am Montag ein Beispiel: Eine Italienerin telefoniert jeden Monat zwei Stunden mit ihrer Tochter in Belgien - und zahlt dafür rund 105 Euro. Nach den neuen Regeln, auf die sich Europaparlament und EU-Staaten im vergangenen Juni geeinigt hatten, würde sie dafür nun höchstens noch 27 Euro zahlen. Der Wegfall der Roaming-Gebühren war schon im Sommer 2017 in Kraft getreten.

"Überteuerte Anrufe und SMS aus dem deutschen Netz ins EU-Ausland gehören bald der Vergangenheit an", sagte Susanne Blohm von der Verbraucherzentrale Bundesverband am Montag. "Preise sollten nicht davon abhängen, ob ein Dienst im Inland erbracht wird, oder eine Grenze überschreitet." Neben den 28 EU-Ländern gelten die neuen Vorschriften bald auch in Norwegen, Island und Liechtenstein. Verbraucher müssen von den Anbietern über die Änderung informiert werden.

Aber werden die neuen Regeln überhaupt gebraucht? Eine EU-weite Umfrage zeigt, dass vier von zehn befragten EU-Bürgern im vergangenen Monat eine Person im EU-Ausland kontaktiert haben. Jeder vierte Befragte (26 Prozent) wählte dazu traditionelle Wege wie den Anruf vom Festnetz oder vom Handy sowie die SMS. Zwei von drei Deutschen gaben spontan allerdings auch an, niemanden im EU-Ausland kontaktiert zu haben.

Ändert sich das wegen der neuen Regeln? Werden die Europäer künftig häufiger ihre Freunde im EU-Ausland anrufen oder ihnen eine SMS schicken? Der Umfrage zufolge deutet wenig darauf hin. 81 Prozent der Deutschen gaben an, dies voraussichtlich nicht zu tun, EU-weit lag die Quote etwas geringer (76 Prozent).

Ganz so populär wie das Ende der Roaming-Gebühren werden die neuen Regeln also vermutlich nicht. Aber immerhin: 16 Prozent der Deutschen gaben an, die neuen Regeln machten es wahrscheinlicher, dass sie Freunde im EU-Ausland per SMS oder Anruf kontaktieren, EU-weit waren es 20 Prozent.

"Die neue Regelung ist zwar ein Kompromiss, da Inlandskosten für Gespräche immer noch günstiger sein können. Wegen der teilweise hohen Kostenersparnis ist die Regelung für Verbraucher aber grundsätzlich positiv zu bewerten", sagte Blohm von der Verbraucherzentrale./wim/DP/fba