Optimistischere Konjunkturprognosen der Europäischen Zentralbank (EZB) für 2020 und der vorläufige Verzicht auf weitere Geldspritzen geben dem Euro Auftrieb.

Er verteuerte sich am Donnerstag um bis zu ein Prozent auf 1,1916 Dollar. Dax und EuroStoxx50 gaben ihre anfänglichen Gewinne aber wieder ab und verloren bis zum Abend jeweils etwa 0,2 Prozent auf 13.208,89 und 3315,74 Punkte.

"Die EZB vollführt einen Drahtseilakt", sagte Ulas Akincilar, Chef-Händler des Online-Brokers Infinox. "Sie darf den Euro nicht zu stark steigen lassen, um die Erholung exportabhängiger Volkswirtschaften wie Deutschland nicht zu gefährden." Die Aufwertung des Euro schmälert die Wettbewerbschancen heimischer Firmen auf dem Weltmarkt. In den vergangenen Monaten hat die Gemeinschaftswährung etwa zehn Prozent zugelegt.

EZB-Volkswirte rechnen für 2020 nur noch mit einem Konjunktureinbruch von acht statt 8,7 Prozent. "Die aktuellen Daten signalisieren eine starke Erholung", sagte Lagarde. Eine Deflation, eine Spirale fallender Preise und rückläufiger Investitionen, sei nicht zu erwarten. Fallende Preise im August hatten derartige Spekulationen befeuert.

BREXIT-VERHANDLUNGEN WEITER AUF DER KIPPE

Kopfschmerzen bereitete Börsianern das gescheiterte Brexit-Krisentreffen. Dort sollte der Streit um ein Gesetz beigelegt werden, mit dem der britische Premierminister Boris Johnson Teile des Brexit-Vertrages aushebeln will. EU-Diplomaten zufolge brachten die Gespräche aber keine Annäherung. Die EU-Kommission pochte darauf, dass die Buchstaben und der Geist der Scheidungsvereinbarung respektiert und strittige Passagen des Binnenmarktgesetzes umgehend gestrichen werden. Die Londoner Regierung betonte die Souveränität des britischen Parlaments.

Vor diesem Hintergrund forderte der Brexit-Experte der Unionsfraktion einen Abbruch der Verhandlungen. Dies drückte das Pfund Sterling zeitweise um knapp zwei Prozent auf ein Fünfeinhalb-Monats-Tief von 1,0818 Euro und um gut ein Prozent auf ein Sechs-Wochen-Tief von 1,2851 Dollar. Ohne eine Einigung bis zum Jahresende droht ein ungeordneter Ausstieg Großbritanniens aus der EU, der Experten zufolge die Wirtschaft beiderseits des Ärmelkanals belasten würde.

Unter Druck geriet auch der Ölpreis. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um gut ein knappes Prozent auf 40,49 Dollar je Barrel (159 Liter). Getrieben würden die Verkäufe vom überraschenden Anstieg der US-Lagerbestände, schrieben die Analysten der ING Bank.

VW-TOCHTER TRATON BESSERT OFFERTE FÜR NAVISTAR NACH

Bei den deutschen Aktienwerten rückte am Nachmittag Traton ins Rampenlicht. Die Nutzfahrzeug-Tochter des Autobauers Volkswagen hob die Offerte für die übrigen Eigner des US-Partners Navistar auf 43 Dollar je Aktie an. Dessen Aktien stiegen daraufhin zeitweise um gut 18 Prozent auf ein Zwei-Jahres-Hoch von 42,40 Dollar. Traton-Titel rutschten dagegen um 1,7 Prozent ab. Die Papiere der Mutter Volkswagen schlossen knapp im Minus. Eine rasche Übernahme liege im Interesse von Traton, da sich der nordamerikanische Nutzfahrzeug-Markt erhole, schrieb Analyst Himanshu Agarwal von der Investmentbank Jefferies. Er bezeichnete die neue Offerte als fair.

Gefragt waren auch die Titel von Rheinmetall, die sich um 1,5 Prozent verteuerten. Der Rüstungskonzern ergatterte einen milliardenschweren Auftrag zur Lieferung von Schützenpanzern und Unterstützungsfahrzeugen an Ungarn.