BERLIN (dpa-AFX) - Der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen profitiert weiterhin von steigenden Mieten. Allerdings drücken unter anderem höhere Zinsaufwendungen auf das operative Ergebnis. Das Jahresziel bestätigte der Dax-Konzern am Donnerstag in Berlin bei der Zahlenvorlage. Die Aktie gab im frühen Handel in einem etwas schwächeren Markt um 0,9 Prozent nach.

Im laufenden Jahr erwartet der Konkurrent von Vonovia, LEG Immobilien und TAG Immobilien aufgrund des erst kürzlich in Kraft getretenen Mietendeckels in Berlin weiter einen operativen Gewinn (Funds from Operations 1, kurz FFO1) etwa auf dem Niveau des Vorjahres von 538 Millionen Euro.

Die Corona-Pandemie trifft deutsche Wohnungskonzerne im Vergleich zu anderen Branchen kaum, auch wenn viele von ihnen während der Krise auf Kündigungen infolge von Zahlungsschwierigkeiten sowie auf Mieterhöhungen verzichten. Im ersten Halbjahr legten die Vertragsmieten um 2,6 Prozent auf 421,8 Millionen Euro zu. Die Mieten stiegen im Schnitt um 2,7 Prozent auf 6,93 Euro je Quadratmeter. In Berlin legten die Mieten aufgrund des Mietendeckels mit 1,6 Prozent auf 6,91 Euro weniger stark zu.

Der operative Gewinn (Funds from Operations 1, kurz FFO1) ging etwa wegen höherer Zinsaufwendungen um 1,8 Prozent auf 282,9 Millionen Euro zurück. Das Periodenergebnis sank aufgrund eines deutlich geringeren Bewertungsergebnisses von 603,1 Millionen im Vorjahr auf 216,7 Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahr nahm Deutsche Wohnen keine Aufwertung des Immobilienbestandes vor.

Momentan ist bei Deutsche Wohnen viel in Bewegung. So gab das Unternehmen erst jüngst bekannt, rund 6400 Wohnungen und Gewerbeeinheiten an den Konkurrenten LEG Immobilien zu verkaufen. Gleichzeitig erwarb das Unternehmen rund 450 Wohnungen und Gewerbeeinheiten in Berlin, Potsdam und Dresden. Zudem übernahmen die Berliner eine Minderheitsbeteiligung von 40 Prozent an der Quarterback Immobilien AG. Damit sichere sich Deutsche Wohnen den Zugriff auf eine Vielzahl von attraktiven Neubauprojekten in seinen Kernmärkten, insbesondere in der Region Dresden und Leipzig. Zuletzt einigte sich das Unternehmen mit dem Münchner Projektentwickler Isaria Wohnbau auf den Erwerb einer Plattform für Projektentwicklungen sowie wesentlicher Immobilienprojekte.

Gemeinsam mit der in Leipzig ansässigen Quarterback Immobilien AG verfüge die Deutsche Wohnen über ein Neubauportfolio von insgesamt rund 90 Projekten, hieß es. Das entspreche einem Volumen von über 5 Milliarden Euro. Hinzu kämen weitere Neubauaktivitäten im Bereich Pflege und Betreutes Wohnen. "Die erfolgreichen Transaktionen unterstreichen unseren Anspruch, ein hoch attraktives Immobilienportfolio mit klarem Fokus auf die deutschen Top-Wachstumsmärkte zu formen", sagte Unternehmenschef Michael Zahn.

Die Deutsche Wohnen gehört zu den größten Wohnimmobilien-Konzernen Deutschlands. Erst vor Kurzem stieg Berlins größter Vermieter nach Vonovia als zweite Immobilienfirma in den Dax auf.

Allerdings weht den großen deutschen Wohnungsvermietern wegen anziehender Mieten ein immer stärkerer Wind entgegen. Erst jüngst verlängerte der Bundestag angesichts der anhaltenden Wohnungsnot die Mietpreisbremse um fünf Jahre und verschärfte sie zudem. Künftig können Mieter zu viel gezahlte Miete für bis zu zweieinhalb Jahre rückwirkend zurückfordern.

In Berlin trat vor kurzem ein Gesetz für einen Mietendeckel in Kraft. Damit werden die Mieten für 1,5 Millionen Wohnungen, die vor 2014 gebaut wurden, in den kommenden fünf Jahren eingefroren. Für Neuvermietungen gelten Obergrenzen. Dies trifft besonders Immobilienkonzerne wie Deutsche Wohnen und Ado Properties, die Immobilien überwiegend in Berlin besitzen. Zudem müssen Vermieter in Berlin zum 23. November Bestandsmieten reduzieren, die mehr als 20 Prozent über der zulässigen Obergrenze liegen.

Die Deutsche Wohnen rechnet 2020 nach früheren Aussagen mit Mietausfällen von neun Millionen Euro durch das Gesetz, im nächsten Jahr sind es 30 Millionen Euro. Das Management zeigte sich aber bislang zuversichtlich, dass der Mietendeckel keinen Bestand haben wird. Union und FDP in Berlin haben eine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

In den Verträgen neuer Mieter steht deshalb eine sogenannte Schattenmiete: Vereinbart ist die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch erzielbare Miete, verlangt wird aber nur die Summe, die der Mietendeckel erlaubt, wie Vorstandsmitglied Lars Urbansky jüngst erläuterte. Das bedeutet: Hebt Karlsruhe den Mietendeckel auf, müssen Mieter nachzahlen. Zuletzt stellte das Berliner Landgericht einen Teil des Mietendeckels in der Hauptstadt in Frage./mne/eas/jha/