Zürich (awp) - Unter dem Strich dürfte dieser Wochenauftakt als ein schwarzer Montag in die Bücher eingehen. Dennoch ist es dem Schweizer Leitindex SMI gelungen, seine Verluste vorübergehend zu halbieren. Auslöser für die düstere Stimmung sind die Nachrichten über das sich ausbreitende Coronavirus, das vor allem das Nachbarland Italien plagt, sowie der Einbruch beim Ölpreis.

Die weltweiten Kurseinbrüche an diesem Montag erinnerten stark an die dunklen Momente der Finanzkrise von 2008, kommentierte ein Händler. Auslöser ist der Preiskrieg, in den sich Saudi-Arabien und Russland nach den gescheiterten Verhandlungen zwischen der Opec und ihren Partnern begeben haben. Zeitweise sind die Ölpreise um gute 30 Prozent eingebrochen - die grössten Verluste seit den Tagen des Golfkrieges 1991. Diesen Nachrichten folgten auch die jüngsten Wasserstandsmeldungen zum Coronavirus. So hat Italien ganze Regionen und Städte im Norden abgeriegelt.

Der SMI weist gegen 11.00 Uhr einen Verlust von 4,51 Prozent auf 9'297,38 Punkte aus. Im Tief war er bis auf 9'059 Punkte durchgereicht worden. Der SLI, der die 30 wichtigsten Werte einschliesst, bricht um 5,2 Prozent ein auf 1'399,94 und der breite SPI um 3,97 Prozent auf 11'409,10 Zähler.

Nachdem schon in Asien die Kurse am Montag auf Tauchstation gegangen waren, geben auch die wichtigsten europäischen Indizes klar nach. Für die Wall Street zeichnet sich ebenfalls ein sehr schwacher Start ab.

Möglich sei, dass Saudi-Arabien den Krieg angezettelt habe, um so die Russen zurück an den Verhandlungstisch zu bringen, mutmasst ein Händler. "Das scheint ein Spiel mit hohem Einsatz zu sein, wenn man bedenkt, wie hoch der saudische Break-even-Preis ist, wenn man all ihre Sozialausgaben einpreist."

Der Einbruch der Ölpreise hat zusammen mit der Ausweitung des Coronavirus den Sturm an den Finanzmärkten verstärkt. Die Risikoscheu der Investoren hat denn auch zu einem Run auf sichere Häfen wie Gold, amerikanische und deutsche Staatsanleihen und den Schweizer Franken geführt.

Wie hoch die Unsicherheit ist, zeigt sich auch beim Volatilitätsindex VSMI, der mittlerweile ein Niveau erreicht hat, das er seit 2011 nicht mehr gesehen hat.

Die anhaltend grosse Nachfrage nach US-Staatsanleihen belastet vor allem die Finanzbranche. Denn mit den anziehenden Anleihekursen fallen die Renditen für die Staatstitel weiter zurück. So warfen 10-jährige US-Staatsanleihen zeitweise weniger als 0,5 Prozent ab - so wenig wie noch nie zuvor.

Entsprechend schwach sind CS, Zurich, Partners Group, UBS, Julius Bär und Swiss Life sowie Swiss Re. Sie verlieren zwischen 8,3 und 5,0 Prozent. In frühen Handel waren sie kurzzeitig gar prozentual zweistellig eingebrochen.

Ebenso deutlich kommen noch konjunktursensible Werte wie AMS (-10,2%), Temenos und ABB (beide -7,7%) unter die Räder. Der Versuch von AMS, die Wogen mit einer Prognosebestätigung zu glätten, ist fehlgeschlagen.

Auch im breiten Markt trennen sich die Investoren verstärkt von Halbleiterwerten wie VAT (-5,7%) und U-blox (-4,6%).

Überdurchschnittlich abwärts geht es auch erneut für die beiden Uhrenhersteller Swatch (-6,1%) und Richemont (-6,0%). Der Swatch-Chef Nick Hayek hat sich am Wochenende um Schadensbegrenzung bemüht. "Wir sind eine grundsolide Gruppe ohne Schulden und nicht infiziert vom Virus der Kurzfristigkeit der Börse", sagte er in einem Interview mit der "Sonntagszeitung".

Die Folgen des Virus schicken im breiten Markt auch die Aktien des Reisedetailhändlers Dufry mit -10,8 Prozent deutlich abwärts. Die verstärkten Reisebeschränkungen vieler Unternehmen und Privatpersonen belasten das Unternehmen sehr. Wie sehr, dürfte sich am Donnerstag zeigen, wenn Dufry die Zahlen vorlegt.

Dass der SMI seine Verluste zeitweise etwas eingedämmt hat, verdankt er vor allem den defensiven Schwergewichten wie Novartis oder Nestlé, die mit -2,3 Prozent, bzw. -2,8 Prozent nicht so stark fallen wie der Gesamtmarkt.

Aus den hinteren Reihen werfen Investoren zudem Aktien von Sulzer (-9,9%), die stark vom Ölmarkt abhängig sind, im grossen Stil auf den Markt. Ypsomed büssen nach einer Gewinnwarnung 6,3 Prozent ein.

hr/kw