Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt baut seine Abgaben zu Wochenschluss zusehends aus. Denn die Furcht vor der Coronavirus-Epidemie hat die Märkte immer noch fest im Griff. Die jüngste Achterbahnfahrt mit heftigen Ausschlägen nach beiden Seiten geht damit weiter, allerdings mit klar nach unten weisender Richtung. Es droht die zweite Verlustwoche in Folge.

Der gestrige Absturz der Wall Street hat die hiesigen Anleger angesteckt, wie Händler erklärten. Die Epidemie breitet sich weiter aus, ausserhalb Chinas mittlerweile schneller als in China selbst. Gleichzeitig berichten immer mehr Unternehmen von Einbussen. Und der Höhepunkt der Coronakrise dürfte noch lange nicht hinter dem Markt liegt, hiess es. Aktuell sehe es so aus, als agierten Händler umso nervöser, je mehr Geld zur Bekämpfung der Krise bereitgestellt werde.

Der SMI sinkt bis 11 Uhr um 3,32 Prozent auf 9'806,91 Punkte. Der SLI, der die 30 wichtigsten Werte einschliesst, verliert 3,31 Prozent auf 1'485,55 und der breite SPI 3,21 Prozent auf 11'951,44 Zähler. Die 30 Blue Chips notieren allesamt tief im Minus.

Gleichzeitig hält die Flucht in sichere Häfen wie Gold und Schweizer Franken unvermindert an. Der US-Dollar ist unter die Marke von 94 Rappen gefallen und kostet so wenig wie seit bald zwei Jahren nicht mehr.

Bankaktien werden erneut stark zur Kasse gebeten: Credit Suisse verlieren 4,3 Prozent und UBS 3,3 Prozent. Erstmals sind beide Grossbankenaktien gleichzeitig für weniger als eine Zehnernote zu haben. Als Grund gelten die seit der Zinssenkung in den USA weiter sinkenden Renditen.

Denn die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen US-Staatsanleihen hat die "Schallmauer" geltende Marke von 1,0 Prozent richtiggehend pulverisiert. Aktuell werfen die T-Bonds noch 0,74 Prozent ab. Tiefe Renditen bedeuten auch tiefere Einnahmen für die Finanzinstitute.

Nicht viel besser halten sich die Versicherer Swiss Life (-3,0%) und Swiss Re (-2,7%).

Auch konjunktursensitive Werte haben einen schweren Stand. Sika verlieren 5,1 Prozent, Adecco 4,4 Prozent und Richemont 4,2 Prozent. Der Uhrenproduzent Swatch (-4,5%) steht seit längerer Zeit unter Druck und führt die diesjährige Verliererliste im SMI an. Mittlerweile bewegen sich die Notierungen bereits wieder auf dem Niveau des Jahres 2009. Händler berichten von stetig steigenden Shortpositionen.

Dass der Ausverkauf auf der ganzen Breite erfolgt, lässt sich auch an den Abgaben der defensiven Schwergewichte ablesen. Nestlé büssen 2,7, Novartis 2,8 und Roche 4,0 Prozent ein.

Etwas freundlicher tendieren die ebenfalls als defensiv geltenden Swisscom (-1,3%) und Givaudan (-1,7%). Gerade erstere gelten bei Händlern als "defensiver Fels in der Brandung". Der Telekomanbieter gehört zu der kleinen Minderheit der SMI-Werte, die noch eine positive Jahresperformance ausweisen. Ganz gelegen kommt zu diesem Zeitpunkt auch die Meldung, der "blaue Riese" erfahre derzeit eine stark steigende Nachfrage nach Live-Videostreaming. Denn wegen des Verbots für Grossveranstaltungen müssen Veranstalter und Unternehmen neue Wege beschreiten.

Im breiten Markt halten sich SFS nach Zahlen mit einem Abschlag von 1,2 Prozent vergleichsweise gut. Calida sinken ebenfalls nach Zahlen nur um 0,3 Prozent an.

Landis + Gyr (-5,0%) hat eher überraschend einen Wechsel an der Konzernspitze gemeldet. Es ist bereits die zweite wichtige Personalie im laufenden Jahr. Analysten verweisen darauf, dass nach dem Wechsel auf der CFO-Position und den Rochaden der Regionen-Chefs bald das gesamte oberste Management-Team ausgewechselt wurde. Dieses müsse sich zuerst beweisen.

"Fluggeschäft-Aktien" liegen weiter im Angebot: Dufry sinken um 3,2 und Flughafen Zürich um 3,3 Prozent. Die Anleger mieden weiter solche Papiere und Sektoren, deren geschäftliche Aktivitäten unter der Coronavirus-Epidemie leiden dürften.

ra/tp