FRANKFURT (dpa-AFX) - Augen zu und durch: Das bewährte Börsenmotto der vergangenen Tage könnte nach Ansicht von Marktexperten in der kommenden Woche durchaus wieder Anklang finden. Dass China als einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands in Sachen Corona-Virus noch immer einen hohen Risikofaktor darstellt, sorgt derzeit genau so für Schulterzucken wie die allgemein schleppende Wirtschaft in der Bundesrepublik.

Das Ergebnis ist eine Aktienrally, mit der der Leitindex Dax zuletzt wieder einen Rekord nach dem anderen eingetütet hat. Die jüngste Bestmarke lag am Freitag nur unweit entfernt von der nächsten runden Marke bei 13 800 Punkten. Experten der Landesbank Helaba sehen dieses Ziel im ersten Quartal des Jahres auf jeden Fall in Reichweite. Sorgen machen müsse man sich erst bei einem nachhaltigen Rutsch unter 13 330 Zähler - zumindest aus charttechnischer Sicht.

Auch Analyst Milan Cutkovic vom Währungshändler Axitrader glaubt, dass es weiter aufwärts gehen dürfte: "Die Investoren sind mit der Berichtssaison bislang zufrieden und der Dax bekommt den nötigen Rückenwind weiter von der Wall Street", schrieb er in einem jüngsten Kommentar. "Sollte es nicht zu einer drastischen Verschlechterung der Lage in China kommen, ist eine Fortsetzung der Aktienrally wahrscheinlich."

Ein Ende der Covid-19-Epidemie ist zurzeit jedoch noch nicht absehbar. Die Infektionen mit dem Virus Sars-CoV-2 in China stiegen mit einer neuen Zählweise der Infektionen am Freitag wieder stark. Landesweit sind derzeit in der offiziellen Statistik knapp 64 000 Infektionen erfasst, knapp 1400 Menschen starben demnach. Die Dunkelziffer liegt Experten zufolge aber deutlich höher. Ein Problem ist auch die Rückreise von zig Millionen Chinesen, die nach den verlängerten Ferien wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren. Dies lässt neue Infektionswellen befürchten.

Weil mittlerweile selbst Geldpolitiker vor den wirtschaftlichen Folgen der Krise warnen, werden Aktienexperten denn auch nicht müde zu betonen, dass sich Anleger bei ihrer Schnäppchenjagd absichern sollten. Mit zwischenzeitlichen Korrekturattacken sei jederzeit zu rechnen, schrieb jüngst etwa Franz-Georg Wenner vom Börsenstatistik-Dienst Index Radar. Doch auch er wittert bislang noch unverschossenes Pulver bei den Investoren. Auf Sicht der kommenden Wochen hält er einen Dax-Anstieg auf sogar 14 250 bis 14 550 Punkte für realistisch. "Eine Trendbeschleunigung darüber hinaus erwarten wir derzeit aber nicht", fügte er an.

Dass es nachhaltig aufwärts geht, bezweifelt derzeit auch Andreas Hürkamp von der Commerzbank. Noch seien Investoren zwar bereit, immer höhere Kurs-Gewinn-Verhältnisse zu akzeptieren, auch weil Anleihen weiterhin nichts abwürfen. Letztendlich leide zurzeit aber die gesamte deutsche Industrie unter Gegenwind. "So lagen die deutschen Auftragseingänge für den Dezember zwei Prozent unter Vormonat und neun Prozent unter Vorjahr", schrieb der Marktexperte. "Ohne eine Trendwende hier dürfte der Dax kaum viel weiter steigen."

Auf die zunehmend schwächelnden deutschen Exporte Richtung China könnte sich zugleich auch das US-chinesische Handelsabkommen negativ auswirken. "Dieses könnte nun einige chinesische Unternehmen zwingen, Güter und Dienstleistungen aus den USA statt aus Deutschland zu beziehen", fürchtet Hürkamp.

Die getrübten Exportaussichten könnten sich bereits in der kommenden Woche auf den viel beachteten Einkaufsmanagerindex für Februar niederschlagen. Dieser wird am Freitag für Deutschland, Frankreich und die gesamte Eurozone veröffentlicht. Im Verarbeitenden Gewerbe stellen sich Experten hierbei schon auf einen Rückgang ein. Bei den Dienstleistungen werden ebenfalls keine große Sprünge erwartet.

Ganz nebenbei werden die Märkte in der nächsten Woche wieder von einem Schwall an Unternehmenszahlen geflutet. Den Anfang macht am Montag, wenn die Märkte in den USA feiertagsbedingt geschlossen haben, die Deutsche Börse. Das Unternehmen aus Eschborn bei Frankfurt befindet sich noch immer auf Erfolgskurs und dürfte den Schätzungen zufolge im vergangenen Jahr erneut ein kräftiges Plus beim Gewinn und auch einen Anstieg beim Umsatz erzielt haben.

Am Dienstag rücken mit Varta und Sartorius sowie den Jost Werken und Patrizia einige Unternehmen aus den mittleren und hinteren Rängen ins Interesse. Zudem will das Dax-Mitglied HeidelbergCement an dem Tag weitere Details zu seinem Jahresverlauf bekanntgeben.

Zur Wochenmitte ziehen unter anderem die Deutsche Telekom sowie der Rivale Telefonica Deutschland und der Kunststoffkonzern Covestro Bilanz. Dazu melden sich an dem Tag die MDax-Werte Scout24, Gerresheimer und Puma zu Wort.

Am Donnerstag geht es weiter mit Fresenius und der Dialysetochter FMC sowie mit dem Triebwerkhersteller MTU und dem Schmierstoffhersteller Fuchs Petrolub. Den Abschluss macht am Freitag die Allianz./kro/la/he

--- Von Karolin Rothbart, dpa-AFX ---