Man wolle einen Verfahren finden, das den für den 1. Dezember geplanten Amtsantritt der neuen Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen nicht weiter verzögert, sagte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde am Donnerstag. Am Mittwochabend hatte die britische Regierung mitgeteilt, keinen Kandidaten nominieren zu wollen. Die britische Regierung hatte in ihrem Brief zugleich betont, dass auch sie keine Verzögerung in der EU wolle.

Grund für den Londoner Verzicht auf eine Kandidaten-Nominierung ist die für den 12. Dezember geplante Parlamentswahl. "Wir haben die EU schriftlich darauf hingewiesen, dass die Vorwahl-Regeln in Großbritannien vorsehen, dass normalerweise keine Nominierungen für internationale Positionen in dieser Zeit stattfinden", sagte ein britischer Diplomat in Brüssel.

Eigentlich hatte von der Leyen ihr Amt als neue Kommissionschefin schon am 1. November antreten wollen. Weil das EU-Parlament aber Kandidaten aus Frankreich, Ungarn und Rumänien abgelehnt hatte, mussten diese Länder zunächst neue Kandidaten benennen. Wegen dieser Verzögerungen wird seitdem ein Amtsantritt am 1. Dezember angepeilt.

Der letzte EU-Gipfel hatte festgehalten, dass Großbritannien einen Kandidaten benennen muss, weil das Austrittdatum erneut verschoben wurde - nun bis zum 31. Januar. Zu diesen Zeitpunkt war aber noch keine Rede von vorgezogenen Neuwahlen im Vereinigten Königreich. Die Londoner Zusicherung, das Nominierungsverfahren der EU nicht behindern zu wollen, öffnet nun die Möglichkeit, den Prozess ohne einen britischen Kandidaten weiterzuführen. Die EU könnte beispielsweise entscheiden, dass im Falle Großbritanniens doch vorerst kein neuer Kommissar benannt werden müsse, obwohl das Land derzeit noch Mitglied ist. Diesem Verfahren müssten die 27 EU-Staaten und das Europäische Parlament aber zustimmen. Das EU-Parlament wird aber das Recht festhalten wollen, auch einen etwa im Dezember nachnominierten britischen Kandidaten dann noch anzuhören.

Nach der erneuten Verschiebung des britischen EU-Austritts wäre zumindest theoretisch denkbar, dass nach den Wahlen eine pro-europäische Regierung ins Amt kommt, die den Brexit-Kurs ändert. Dann könnte Großbritannien in der EU bleiben und müsste in der neuen Kommission doch noch einen Vertreter erhalten. Wird eine Regierung gebildet, die am Brexit festhält, könnte die Regierung in London für einige Wochen einen Übergangskandidaten nominieren, der dann beim EU-Austritt des Landes auch aus der Kommission ausscheidet. Bis die neue Kommission vom EU-Parlament bestätigt ist, bleibt die alte Riege unter Präsident Jean-Claude Juncker im Amt.