PARIS/LONDON (awp international) - An den europäischen Börsen bleiben die Anleger am Donnerstag in der Defensive. Während der Zinsentscheid der US-Notenbank Fed nicht zum Kurstreiber wurde, erlitten die Hoffnungen im US-Handelsstreit mit China zu Monatsschluss einen Dämpfer. Der EuroStoxx 50 verlor 0,55 Prozent auf 3600,51 Punkte. Er würde so den dritten Tag mit negativem Vorzeichen beenden, wenngleich er die beiden Vortage jeweils nur knapp im Minus geschlossen hatte. Im Oktober hat er bislang fast 1 Prozent zugelegt.

Auf Länderebene wurde der Mailänder FTSE MIB am Donnerstag von einem Kurssprung bei Fiat Chrysler wegen der bevorstehenden Fusion mit PSA gestützt. Er stand im Gegensatz zu übrigen Indizes knapp über der Gewinnschwelle. Der französische Cac 40 hingegen fiel um 0,6 Prozent auf 5729,81 Punkte. Der britische FTSE 100 verlor 0,8 Prozent auf 7272,12 Zähler.

Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg aus Verhandlungskreisen im Handelsstreit erfuhr, bezweifelt China, dass unter dem US-Präsidenten Donald Trump eine langfristige Einigung zu erzielen sei. Anleger wurden davon ein Stück weit entmutigt, nachdem zuletzt die Aussicht auf ein erstes Teilabkommen die Börsen gestützt hatte. Nach drei Zinssenkungen in Folge hatte die US-Notenbank Fed derweil am Vorabend eindeutige Signale für eine Zinspause gesendet.

Die Fusion im Autosektor war wie schon am Vortag eines der wichtigsten Unternehmensthemen. PSA und Fiat Chrysler verständigten sich auf einen Zusammenschluss "unter Gleichen", die Bedingungen dafür kamen bei Anlegern aber unterschiedlich an. Fiat-Chrysler-Papiere schnellten in Mailand weiter um 9 Prozent hoch, PSA jedoch fielen mit einem 12-prozentigen Abschlag sogar unter ihr Niveau vor den Spekulationen vom Vortag.

Kurzfristig sieht Arndt Ellinghorst von Evercore ISI bei Fiat Chrysler wegen der günstigeren Bewertung der Papiere mehr Aufwärtspotenzial. Philippe Houchois von Jefferies sprach von einem Deal, der wesentlich besser sei für die Fiat-Aktionäre. Bereinigt um Unterschiede in der Marktkapitalisierung und der Aktionärsstruktur lege PSA eine geschätzte Prämie von 32 Prozent drauf, um die Kontrolle über Fiat Chrysler zu erhalten.

Darüber hinaus beschäftige die Anleger in Europa eine Flut an Unternehmensberichten. Im Bankensektor hielt der am Vortag begonnene Kursrutsch an. Auch wenn die spanische BBVA gute Zahlen vorgelegt hatte, ging es für ihre Papiere um 2,6 Prozent bergab. Jene des Konkurrenten Santander büssten in Madrid sogar 2,8 Prozent ein.

Nach Zahlenvorlagen gab es in vielen weiteren Fällen rote Vorzeichen: Shell fielen in London wegen erwähnter Unsicherheiten beim laufenden Aktienrückkaufprogramm als FTSE-Schlusslicht um 4 Prozent. Lloyds folgten dem um 2,8 Prozent nach unten, nachdem die britische Bank von Schadensersatzzahlungen in die roten Zahlen geraten war. In Paris sackten Air France-KLM wegen eines Gewinneinbruchs im Sommer um 3,7 Prozent ab.

Auf der positiven Seite tauchten Safran und Geberit mit Anstiegen um 1,4 und 1,1 Prozent auf. Beim französischen Luftfahrtzulieferer Safran lobte Goldman-Analyst Chris Hallam eine positive Überraschung im Wartungs- und Zubehörgeschäft. Der Schweizer Sanitärtechniker Geberit hat mit seinen Neunmonatszahlen die Schätzungen der Analystengemeinde übertroffen.

Shell und PSA folgend gehörten Öl- und Gastitel sowie Autobaueraktien mit Abgaben von bis zu 1,9 Prozent bei ihren Sektorindizes allgemein zu den grössten Verlierern. Noch schlechter erging es lediglich der Minenbranche mit einem Kursrutsch um 2,1 Prozent. Ins Plus schafften es nur vier meist eher defensive Branchen, allen voran die Versorger mit einem Anstieg um 0,7 Prozent bei ihrem Teilindex./tih/fba