TOULOUSE (dpa-AFX) - Deutschland und Frankreich haben sich angesichts der US-Strafzölle auf EU-Produkte demonstrativ hinter den Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus gestellt. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron besuchten den wichtigen Airbus-Standort in Toulouse am Mittwoch. Beide seien stolz darauf bei einem Weltunternehmen zu Gast zu sein, sagte Merkel. Der französische Staatschef betonte, dass ein "industrielles Flaggschiff" verteidigt werden müsse. Auch vor dem Hintergrund internationaler Krisen übt das Paar den Schulterschluss, doch es gibt auch offenen Streit.

Merkel und der Macron waren zum Deutsch-Französischen Ministerrat nach Toulouse gereist und haben dort zunächst den wichtigen Standort des Flugzeugbauers besucht. Die USA wollen diesem Freitag an Strafzölle in Milliardenhöhe auf EU-Importe verhängen, weil der europäische Flugzeugbauer rechtswidrige EU-Subventionen erhalten hatte. Betroffen sind neben Flugzeugen und Flugzeugkomponenten auch Produkte wie Käse, Schinken, Olivenöl und Wein. Besonders betroffen sind Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien.

Airbus gilt als Musterbeispiel der deutsch-französischen Industriepolitik - international konkurriert der Flugzeugbauer insbesondere mit der US-Firma Boeing. Das Unternehmen steht außerdem für gemeinsame Rüstungsvorhaben - Airbus und der Flugzeugbauer Dassault arbeiten an einem europäischen Luftkampfsystem.

Man sei zu Airbus gekommen, um Unterstützung zu signalisieren, sagte Macron. "Ich wollte, dass wir uns in Toulouse mit Angela Merkel treffen, um ein industrielles Flaggschiff in einer Zeit wirtschaftlicher Spannungen zu verteidigen." Man werde "alles tun, was staatlicherseits zu tun ist" damit Airbus auch in Zukunft erfolgreich sei, versprach die Kanzlerin. Merkel und Macron wurden unter anderem vom deutschen Wirtschaftsminister Peter Altmaier und seinem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire begleitet. Airbus-Chef Guillaume Faury begrüßte die Gäste.

Beim Deutsch-Französischen Ministerrat sollen unter anderem die gemeinsame Klima- und Industriepolitik sowie wichtige Verteidigungsprojekte debattiert werden. Die Kanzlerin und der Staatschef hatten sich bereits am Sonntag im Pariser Élyséepalast getroffen. Sie versicherten, dass sie bei wichtigen internationalen Krisen wie dem Brexit und der türkischen Militäroffensive in Syrien zusammenstehen wollen.

Ein Konflikt zwischen den Partnern war zuletzt immer wieder das Thema Rüstungsexporte. Zuletzt sorgte der deutsche Rüstungsexportstopp für Saudi-Arabien in Frankreich für Ärger, da davon auch gemeinsame Projekte betroffen waren. Absehbar ist nun eine gemeinsame Regelung, über die auf dem Ministerrat verhandelt wird.

Weiteres Streitthema zwischen Berlin und Paris ist der französische Widerstand gegen den Start der EU-Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien. Die Regierung in Paris hält die bisherigen Reformfortschritte in den beiden Ländern für unzureichend und verlangt zudem eine grundsätzliche Reform des Beitrittsprozesses als Voraussetzung für die Zustimmung. Deutschland und die große Mehrheit der EU-Staaten sehen das anders.

Auf EU-Ebene hat der sozialliberale Macron zurzeit massiv Probleme, denn das Europaparlament lehnte die von ihm vorgeschlagene EU-Kommissarin Sylvie Goulard ab. Macron machte daraufhin die künftige EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen für das Scheitern seiner Kandidatin verantwortlich - und warnte vor einer "politischen Krise". Auch Leyen wird am Abend nach Abschluss des Ministerrats in Toulouse zu einem Abendessen einer Vereinigung von Wirtschaftsvertretern erwartet, ebenso wie Merkel und Macron.

Merkel und Macron hatten erst Anfang des Jahres in Aachen den neuen Freundschaftspakt der beiden Länder besiegelt./cb/nau/DP/stw