FRANKFURT (awp international) - Nach dem Höhenflug vom Vortag hat sich der deutsche Aktienmarkt zur Wochenmitte stabilisiert. Weder negative Signale von den Brexit-Unterhändlern noch neue Konjunkturdaten aus der Eurozone konnten den Dax nachhaltig aus der Ruhe bringen. Am späten Vormittag notierte der Leitindex 0,06 Prozent höher bei 12 636,76 Punkten.

Am Dienstag war der Dax dank gestiegener Brexit-Hoffnungen bis auf 12 682 Zähler - den höchsten Stand seit August 2018 - geklettert, hatte dieses Niveau letztlich aber nicht halten können. Dennoch summiert sich der Gewinn des Börsenbarometers seit Dienstag voriger Woche nun schon auf rund 5,5 Prozent.

Der MDax , der die mittelgrossen deutschen Werte umfasst, fiel am Mittwoch um 0,25 Prozent auf 25 852,47 Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 sank um rund 0,1 Prozent.

Für leichte und nur kurzzeitige Belastung sorgte eine Kreise-Meldung. Demnach hält die Europäische Union einen Brexit-Deal für unmöglich, wenn sich die Briten in ihrer Haltung nicht noch auf die EU zubewegten. Unter grossem Zeitdruck suchen London und Brüssel einen Kompromiss, damit Grossbritannien in zwei Wochen mit einem Abkommen aus der Europäischen Union austreten kann. Bis Mittwochnachmittag sollte ein Vertragsentwurf stehen. Er soll dann beim Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag gebilligt werden.

Eine Gewinnwarnung von Wacker Chemie setzte die Papiere des Spezialchemiekonzerns in den ersten Handelsminuten massiv unter Verkaufsdruck. Ihren Kursrutsch von fast 7 Prozent machten sie anschliessend fast komplett weg und notierten zuletzt 0,6 Prozent tiefer. "Dass Wacker wohl die Jahresziele verfehlen wird, war eher ein offenes Geheimnis", kommentierte ein Marktteilnehmer. Die dennoch deutliche Kursreaktion nach unten sei daher von einigen als Einstiegschance gesehen worden.

Die Papiere von Siltronic fielen unter die als Trendindikator geltende 200-Tage-Linie und notierten zuletzt 1,9 Prozent tiefer. Allerdings hatten sie in den vergangenen Tagen deutlich zugelegt. Wacker Chemie ist noch mit rund 30 Prozent an dem abgespaltenen Hersteller von Halbleiterwafern für die Chipindustrie beteiligt.

Nach einer Verkaufsempfehlung der Societe Generale fielen die Aktien des Chipherstellers Infineon um 1,1 Prozent. Analyst Aleksander Peterc stellte die Anleger darauf ein, dass sich die Erholung im Automobilbereich wohl länger hinziehen wird als bisher gedacht. Er senkte folglich seine Ergebnisschätzungen bis 2023. Bei stagnierenden Gewinnen seien die Papiere im Branchenvergleich hoch bewertet.

Die Wirecard-Aktien erholten sich um 0,9 Prozent. Nach neuerlichen Vorwürfen der "Financial Times" waren die Papiere des Zahlungsabwicklers tags zuvor zunächst um 23 Prozent eingebrochen, hatten die Kursverluste letztlich aber etwa halbieren können. Am Morgen wies das Unternehmen erneut "die Anschuldigungen der Financial Times hinsichtlich Fehlverhaltens kategorisch zurück". Der Artikel sei "eine Zusammenstellung von falschen und irreführenden Behauptungen", die "bereits vor einiger Zeit widerlegt wurden".

Nach fast 19 Prozent Kursverlust seit der Gewinnwarnung vergangene Woche setzten die Papiere von Hugo Boss zur Erholung an und legten um 2 Prozent zu.

Die Aktien von Hellofresh setzten ihre Vortagesrally fort und stiegen um 3,2 Prozent. Am Montag hatte der Kochboxenversender nach starken Quartalszahlen seine Jahresziele angehoben. Daraufhin waren die Aktien um gut 23 Prozent nach oben geschossen. Barclays-Analystin Alvira Rao betonte, die Aktien seien trotz des jüngsten Rekordhochs noch nicht teuer und deshalb weiter kaufenswert./edh/fba

--- Von Eduard Holetic, dpa-AFX ---