Die Übersicht in Kurzmeldungen zu Entwicklungen, Ergebnissen und Einschätzungen rund um die bundesdeutsche Politik:


Bundesrat ebnet Weg für Public Viewing bis in die Nacht 

Kurz vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft hat der Bundesrat den Weg für das sogenannte Public Viewing freigemacht. Die Länderkammer stimmte in ihrer Plenarsitzung in Berlin nach eigenen Angaben einer Verordnung zu, die öffentliche TV-Übertragungen der Fußballspiele auch zu späteren Anstoßzeiten möglich macht. "Das gemeinsame Anschauen von Fußball-TV-Übertragungen im Freien hat in Deutschland bei großen Turnieren schon Tradition", betonte die Pressestelle des Bundesrats. Bei der Europameisterschaft im eigenen Lande würden wieder Tausende auf öffentlichen Plätzen, in Parks und in oft eigens angelegten Open-Air-Anlagen die Spiele verfolgen und mit ihrer Mannschaft mitfiebern. Damit dies im Hinblick auf bestehende Lärmschutzregeln im rechtssicheren Rahmen erfolge, habe die Bundesregierung wie schon bei vorherigen Turnieren eine Verordnung erlassen, die nun vom Bundesrat bestätigt worden sei. Diese gilt laut den Angaben bis zum 31. Juli.


Chef der Innenministerkonferenz warnt vor russischen "Hilfs-Agenten" 

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Michael Stübgen (CDU), befürchtet nach der Festnahme zweier mutmaßlicher russischer Spione in Bayern eine Ausweitung der russischen Spionageaktivitäten in Deutschland. "Der Kreml hat auf der diplomatischen Ebene international kaum etwas zu verlieren", sagte der Brandenburger Innenminister dem Handelsblatt. Dies könne dazu führen, "dass russische Agenten eine robustere und skrupellosere Gangart wählen". Die Sicherheitsbehörden müssten sich darauf "einstellen, dass der russische Staat für seine geheimdienstlichen Operationen in Deutschland künftig verstärkt Angehörige der russischen Diaspora in Deutschland anwerben und diese als nicht-professionelle Hilfs-Agenten nutzen wird". Die beiden Fälle in Bayern seien hierfür ein Beleg. Auch mit neuen russischen Cyberangriffen müsse die Bundesrepublik rechnen.


Union: Steuereinbruch ist deutliches Warnsignal 

Die Union hat die Regierungskoalition nach der negativen Steuerschätzung aufgefordert, einen vorherrschenden "Attentismus" zu beenden. "Der Steuereinbruch in Höhe von gut 80 Milliarden Euro bis zum Jahr 2028 ist im Wesentlichen das Ergebnis einer beispiellos schlechten Politik der Ampel-Koalition", sagte Unions-Haushaltssprecher Christian Haase (CDU). Er sei "ein deutliches Warnsignal". Permanenter Streit auf offener Bühne verbunden mit einer ideologiegetriebenen und häufig realitätsfernen Politik seien keine vertrauensbildenden Maßnahmen. Miniwachstum, Insolvenzen und Unternehmensabwanderungen seien die Folge. "Wenn die Ampel so weitermacht, ist es nur eine Frage der Zeit, wann dieser Negativtrend auch auf den Arbeitsmarkt durchschlägt", warnte der CDU-Politiker. Mit Blick auf die Budgetplanung monierte er, die Koalition verweigere sich der Realität und lebe über ihre Verhältnisse. Die Liste der Wünsche und Begehrlichkeiten gehe weit über die Haushaltsmöglichkeiten hinaus. "Die typische Antwort der Koalition: erneut höhere Schulden als im Finanzplan unterstellt", so Haase.


Ifo-Institut schlägt Arbeitsvisa-Abkommen vor 

Das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung schlägt Arbeitsvisa-Abkommen zwischen der EU und sicheren Drittstaaten vor. Auf diese Weise könnte sich die Zahl von Asylanträgen und die irreguläre Zuwanderung verringern, erklärte das Institut. "Damit wäre eine legale und gesteuerte Zuwanderung möglich. Denn ein Grund für die Überlastung des europäischen Asylsystems ist der Mangel an Möglichkeiten, legal in die EU zu kommen. Besonders für niedrig qualifizierte Menschen ist die Chance auf Arbeitsvisa in Europa verschwindend gering", sagte Ifo-Migrationsforscher Panu Poutvaara. Viele Asylsuchende mit geringer Bleibeperspektive kämen beispielsweise aus der Türkei und könnten von einem solchen Abkommen profitieren. Staatsangehörige von Ländern, die ein solches Abkommen mit der EU abschließen, hätten die Möglichkeit, ein Visum zur Arbeitsaufnahme in der EU unabhängig von der Qualifikation zu beantragen. In diesem Rahmen könnten Arbeitsvisa auch befristet ausgestellt werden. Zudem könnten sie eingeschränkt werden. Der Vorschlag entspreche der Westbalkan-Regelung, die Deutschland mit Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien sowie Serbien im Jahr 2016 abgeschlossen hat.


Union warnt vor Folgen der Asylpolitik von Wilders 

Die Union warnt die neue niederländische Regierungskoalition von Geert Wilders vor einer Migrationspolitik auf Kosten Deutschlands. "Es ist nicht okay, dass die Niederlande ihre Verschärfungen jetzt gezielt auf Kosten der anderen EU-Staaten planen", sagte Unions-Fraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) der Bild-Zeitung zum Koalitionspapier des niederländischen Vier-Parteien-Bündnisses. "Pro Kopf hatten wir im letzten Jahr fast doppelt so viele Asylanträge wie die Niederländer." Dennoch forderte auch Lindholz eine andere Asylpolitik. "Wir brauchen auch in Deutschland eine echte Asylwende. Die Ampel muss viel mehr tun, denn die Asylzahlen sind noch immer klar zu hoch", sagte die Innenpolitikerin. Der Vorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, lobte den neuen Migrationskurs der Niederlande. Dort werde "genau das umgesetzt, was Deutschland längst bräuchte. Man minimiert die sogenannten Pull-Faktoren und will konsequent Abschieben." Er erwartete allerdings neue Belastungen für Deutschland. Es wäre deshalb "ratsam, über eine verstärkte Grenzüberwachung an der deutsch-niederländischen Grenze nachzudenken".


Fuest für kreditfinanziertes Infrastruktur-Sondervermögen 

Der Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, hat sich in der Debatte um den Bundeshaushalt 2025 nach der Steuerschätzung für ein neues kreditfinanziertes Sondervermögen für den Ausbau der Infrastruktur ausgesprochen. "Finanzpolitisch spricht derzeit viel dafür, öffentliche und private Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung und Dekarbonisierung, die Förderung sowie Verteidigungsausgaben zu priorisieren", sagte Fuest der Rheinischen Post. "Dazu sollten Ausgaben aus anderen Bereichen umgeschichtet werden, außerdem sollte man anteilig auf Kreditfinanzierung zurückgreifen. Für den kreditfinanzierten Anteil sollte man auf die Union zugehen und ein Sondervermögen im Grundgesetz verankern, das über einen längeren Zeitraum öffentliche Investitionen finanziert", empfahl der Ökonom. Teil einer Einigung könnte sein, dass eine entsprechende Senkung konsumtiver Ausgaben im Bundeshaushalt in den kommenden Jahren vereinbart werde.


Stabilitätsrat-Beirat rechnet mit Anstieg der Sozialbeiträge 2025 

Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur gesetzlichen Pflegeversicherung werden in den kommenden Jahren nach Einschätzung des unabhängigen Beirats des Stabilitätsrats deutlich steigen. Das Gremium geht nach Aussagen seines Vorsitzenden Thiess Büttner allein für 2025 von einem Anstieg der Beiträge zum Jahreswechsel um mindestens 0,5 Prozentpunkte aus. "Schon im kommenden Jahr rechne ich mit einer Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge um mindestens einen halben Prozentpunkt", sagte Büttner der Bild-Zeitung. "In den folgenden Jahren wird es zu weiteren Erhöhungen kommen." Die Finanzierung der Sozialversicherungen sei "nicht nachhaltig", kritisierte Büttner. Wie die Zeitung weiter schrieb, könnte das Plus 2025 auch noch höher ausfallen. In Regierungskreisen sei von einem Anstieg der Sozialbeiträge um bis zu 0,6 Punkte die Rede. Grund dafür seien die steigenden Ausgaben der Sozialversicherungen.


DIW-Chef fordert von Lindner Kurswechsel für mehr Schulden 

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nach der Steuerschätzung aufgefordert, seinen Widerstand gegen das Aussetzen der Schuldenbremse aufzugeben. "Die Steuerschätzung vergrößert das Problem des Bundesfinanzministers. Er sollte nun die Unvereinbarkeit seines Austeritätskurses mit der Schuldenbremse eingestehen und sich einen Ruck geben, eine pragmatische und zukunftsorientierte Lösung zu finden", sagte Fratzscher der Rheinischen Post. "Ein Minimalkonsens könnte so aussehen, dass die Bundesregierung für den Ukraine-Krieg und die Ausgaben für Verteidigung eine erneute Notlage erklärt, um sich den notwendigen Spielraum für den Abschluss des Haushalts 2025 zu schaffen", sagte der Ökonom. Ansonsten dürften die notwendigen Einsparungen weit über kolportierten 25 Milliarden Euro liegen, und keine noch so drastischen Kürzungen würden diese Lücke füllen.


Kontakt zur Redaktion: konjunktur.de@dowjones.com

DJG/ank/mgo

(END) Dow Jones Newswires

May 17, 2024 05:25 ET (09:25 GMT)