Washington/Berlin (Reuters) - Trotz der Hochzinspolitik der US-Notenbank Fed erweist sich der Arbeitsmarkt als überaus robust.

Im Dezember kamen 216.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu, wie aus dem am Freitag vorgelegten Bericht der Regierung hervorgeht. Damit fiel der Stellenaufbau weit stärker aus als von Experten erwartet, die lediglich einen Zuwachs von 170.000 auf dem Zettel hatten. Zudem drehte der Jobmotor noch stärker auf als im November, als das Plus nach abwärts revidierten Daten bei 173.000 lag. An den Terminmärkten erlitten die Zinssenkungsfantasien einen Dämpfer: Händler sehen die Wahrscheinlichkeit für eine geldpolitische Wende im März bei nur noch rund 50 Prozent. Vor den Job-Daten waren es noch fast 65 Prozent.

Der Stellenaufbau zeigt, dass der Arbeitsmarkt weiter heiß läuft. Denn einer Faustregel zufolge ist bereits ein Zuwachs von 70.000 bis 100.000 Jobs pro Monat ausreichend, um die wachsende US-Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter mit Jobs zu versorgen. "Die USA trumpfen zum Jahresende mit einem überraschend kräftigen Beschäftigungsanstieg auf. Im Trend verdichten sich jedoch die Hinweise auf eine langsame Abschwächung des US-Arbeitsmarktes", sagte Ökonom Bastian Hepperle von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. Außerhalb des Gesundheitssektors seien die Beschäftigungszuwächse nur noch moderat, weniger Stellen seien unbesetzt und die Wechselwilligkeit schwinde.

Die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote verharrte im Dezember auf dem Vormonatswert von 3,7 Prozent. Experten wurden auch hier auf dem falschen Fuß erwischt, da sie einen Anstieg auf 3,8 Prozent erwartet hatten.

Die Notenbank bekämpft die Inflation mit ihrer straffen geldpolitischen Linie. Die Abkühlung des Arbeitsmarkts gilt ihr als wichtige Voraussetzung, um ihr Zwei-Prozent-Ziel bei der Inflation dauerhaft zu erreichen. Besonderes Augenmerk legen die Währungshüter dabei auf das Lohnwachstum. Die durchschnittlichen Stundenlöhne legten im Dezember um 4,1 Prozent zum Vorjahr zu. Im Vormonat hatte sich ein Zuwachs von Prozent 4,0 ergeben. Fachleute hatten für Dezember einen Rückgang auf 3,9 Prozent erwartet: "Somit stellt der Arbeitsmarktbericht in der Gesamtschau einen herben Rückschlag für die am Markt grassierenden Erwartungen bald fallender US-Leitzinsen dar", meint LBBW-Ökonom Dirk Chlench. Nach seiner Prognose werden die US-Währungshüter erst Mitte des Jahres eine Zinssenkungsphase einläuten.

Diese hatten nach teils aggressiven Zinsschritten zuletzt drei Mal in Folge die Füße stillgehalten. Auch Ende des Monats dürfte die Fed der Erwartung der Finanzmärkte zufolge den Leitzins noch in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent halten. Die Währungshüter haben in ihrem Zinsausblick für 2024 allerdings insgesamt drei Schritte nach unten avisiert - also eine Senkung des Zinsniveaus um 0,75 Prozentpunkte.

ZEITPUNKT DER ZINSWENDE DATENABHÄNGIG

Die US-Zentralbank dürfte sich nach Ansicht von Fed-Beobachter Hepperle zunehmend darin bestärkt sehen, die Inflation in den Griff zu bekommen: "Dafür benötigt sie aber noch mehr Belege, bevor sie ihren Restriktionskurs lockert."

In diese Richtung gingen zuletzt auch Kommentare aus der Führungsebene der Fed: Die Wirtschaftsdaten der kommenden Monate könnten die Notenbank in der Überzeugung bestärken, dass die Inflation wie erwartet sinke, sofern es nicht zu unerwarteten Schocks komme, sagte der Chef des Fed-Bezirks Richmond, Thomas Barkin. Für die nächste Woche anstehenden US-Verbraucherpreisdaten für Dezember erwarten Experten einen leichten Anstieg der Inflationsrate auf 3,2 von 3,1 Prozent im November.

(Bericht von Ann Saphir, geschrieben von Reinhard Becker, Mitarbeit Rene Wagner.; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)