Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Das Armdrücken der Europäischen Zentralbank (EZB) mit der Inflation geht in die nächste Runde. Der EZB-Rat dürfte am Donnerstag zwar beschließen, sowohl auf der Zins- als auch auf der Bilanzseite seiner Geldpolitik alles unverändert zu lassen. Analysten erwarten auch überwiegend, dass sich das Gremium zufrieden mit dem aktuellen Zinsniveau äußern wird. Aber: Zugleich dürfte der Rat seine Bereitschaft betonen, die Zinsen im Zweifelsfall weiter zu erhöhen. Außerdem dürfte er seine Guidance für die Entwicklung seiner Anleihebestände bestätigen und eine Entscheidung über einen womöglich rascheren Abbau auf Dezember verschieben.

Die geldpolitischen Entscheidungen werden um 14.15 Uhr veröffentlicht, die Pressekonferenz mit EZB-Präsidentin Christine Lagarde beginnt gegen 14.45 Uhr. Auf die EZB-Entscheidung hin führen zwei wichtige Veröffentlichungen der Zentralbank: Der Quartalsbericht zur Kreditvergabe im dritten Quartal und der Bericht zur Entwicklung von Geldmenge und Kreditvergabe im September. Außerdem von Bedeutung: Der Ifo-Geschäftsklimaindex für Oktober und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA für das dritte Quartal.


   EZB dürfte Zins- und Bilanz-Guidance bestätigen 

Zur Erinnerung: Der EZB-Rat hatte seine Zinsen im September entgegen früheren Erwartungen doch noch einmal angehoben. Zugleich hatte er angedeutet, dass die Zinsen nun ein Niveau erreicht haben dürften, das restriktiv genug ist, um die Inflation schnell genug auf 2 Prozent zu drücken. Analysten erwarten, dass die EZB diese wichtige Passage ihres geldpolitischen Statements bekräftigen wird - dies umso mehr, als die Inflation im September dann stärker als erwartet gesunken ist und der deutliche Anstieg der langfristigen Renditen der EZB eine Teil ihrer Arbeit abzunehmen scheint.

Es gibt aber andererseits auch Entwicklungen, die in die Gegenrichtung deuten: Die neuen Auseinandersetzungen im Nahen Osten und der damit zusammenhängende Anstieg des Ölpreises zum Beispiel. Oder die schwer absehbare Entwicklung der Löhne. Jedenfalls werden Analysten genau darauf achten, welche Balance der Rat und EZB-Präsidentin Christine Lagarde in ihrer Kommunikation finden.

Die Erwartung für das Oktober-Meeting war schon im September: Es wird ein "Zwischen-Meeting" ohne Änderungen an der Geldpolitik. Der EZB-Rat dürfte die im Dezember anstehenden neuen Makro-Prognosen abwarten, ehe er ernsthaft über die Zinsen diskutiert und darüber, ob er die Wiederanlage von Tilgungsbeträgen fällig gewordener Anleihen aus dem PEPP-Programm doch vor Ende 2024 beenden sollte.

Gleichwohl sind der Quartalsbericht zur Kreditvergabe (Dienstag, 10.00 Uhr) und der Geldmengenbericht (Mittwoch, 10.00 Uhr) wichtige Wegmarken, an denen die EZB die Wirksamkeit ihrer Geldpolitik überprüfen kann. Verschärfen die Banken ihre Kreditkonditionen weiter? Wie entwickelt sich die Kreditnachfrage und wie die tatsächliche Kreditvergabe?


   Ifo-Index steigt im Oktober leicht 

Das Geschäftsklima in Deutschland dürfte sich im Oktober nicht weiter eingetrübt haben. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte erwarten, dass der Ifo-Index auf 85,9 (September: 85,7) Punkte gestiegen ist. Damit ginge eine Serie von fünf Rückgängen in Folge zu Ende. Die Entwicklung der Einkaufsmanagerindizes (PMI) und der Auftragseingang deuten einen gewissen Silberstreif am Horizont an. Andererseits wiegen die Unsicherheiten aufgrund des Ukraine-Kriegs und das Risiko eines neuen Nahost-Kriegs schwer. Der gleiche Vorbehalt gilt für den Dienstleistungssektor. Hier hat der PMI im September wieder die Marke von 50 Punkten übersprungen. Jedoch gefährdet der Anstieg des Ölpreises beispielsweise die Konsumlaune.

Das Ifo-Institut veröffentlicht die Daten am Mittwoch (10.00 Uhr). Beeinflusst werden die Erwartungen für den Ifo-Index wahrscheinlich noch von den deutschen Einkaufsmanagerindizes (PMI), die am Dienstag (9.30 Uhr) kommen.


   US-BIP-Wachstum beschleunigt sich im 3. Quartal 

Das Wirtschaftswachstum in den USA dürfte sich im dritten Quartal beschleunigt haben. Analysten rechnen laut Factset-Konsens damit, dass das preis- und saisonbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal und aufs Jahr hoch gerechnet um 3,3 Prozent gestiegen ist, nachdem es im zweiten Quartal um nur 2,1 Prozent zugelegt hatte. Laut Commerzbank hat vor allem der private Konsum gestützt, während die Ausrüstungsinvestitionen bremsend gewirkt haben sollten. Von einer Rezession sind die USA jedenfalls weit entfernt. Die Daten werden am Donnerstag (14.30 Uhr) veröffentlicht.

Mit Blick auf die Inflationsentwicklung und die Fed von Interesse: Am Freitag (14.30 Uhr) kommen die Zahlen zu den persönlichen Einkommen und Ausgaben in den USA, die auch Angaben zum Preisindex des persönlichen Konsums (PCE-Deflator) enthalten. Das ist die von der Fed bevorzugte Messgröße. Und Fed-Chairman Jerome Powell hat am Donnerstag verraten, dass die Fed eine Prognose für diese Daten hat: Powell zufolge rechnet die Fed damit, dass der PCE-Deflator mit einer Jahresrate von 3,5 (August: 3,5) Prozent gestiegen ist und der Kern-PCE-Deflator um 3,7 (3,9) Prozent. Powell sagte, die September-Inflationsdaten seien "etwas weniger ermutigend".

Die Woche bringt außerdem zwei weitere Zinsentscheidungen: Die der Bank of Canada (Mittwoch, 16.00 Uhr) und die der türkischen Zentralbank (Donnerstag, 13.00 Uhr). Am Freitag (9.00 Uhr) kommt das spanische BIP für das dritte Quartal, und am Montag (11.00 Uhr) informiert Eurostat über die Lage der öffentlichen Finanzen im Euroraum.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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October 20, 2023 10:02 ET (14:02 GMT)