(NEU: Weitere Aussagen des EZB-Vizepräsidenten)

Von Paul Hannon und Hans Bentzien

LONDON (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) wird die Entwicklung der Geldpolitik der US-Notenbank berücksichtigen, wenn sie über das Tempo der Senkung ihres Leitzinses nach einem ersten Schritt im Juni entscheidet. EZB-Vizepräsident Luis De Guindos wies in einem Interview mit der französischen Tageszeitung Le Monde darauf hin, dass die Fed-Geldpolitik die Rahmenbedingungen beeinflusse, unter denen die EZB handele. De Guindos sagte: "Der Euro-US-Dollar-Wechselkurs könnte einer der Kanäle sein, über die Auswirkungen zu verzeichnen sind. Wir haben zwar kein Wechselkursziel, aber wir müssen die Auswirkungen von Wechselkursschwankungen in Betracht ziehen."

Die EZB hat signalisiert, dass sie ihren Leitzins im Juni senken wird. Die Federal Reserve hatte jedoch kürzlich angedeutet, dass sie wahrscheinlich erst später im Jahr handeln werde, weil die Inflation in den USA weiterhin höher als erwartet ist. Diese Divergenz könnte den Euro schwächen und die Preise für importierte Waren und Dienstleistungen in die Höhe treiben, was die Inflation in der Eurozone anheizen würde.

Ein weiterer, aus Sicht der EZB wichtiger Kanal sidn De Guindos zufolge die Kapitalströme. "Wenn die langfristigen Renditen in den Vereinigten Staaten viel höher sind als im Rest der Welt, werden sie Kapital anziehen", erläuterte er. Darüber hinaus könnten sich die Sorgen um die USA über die Erwartungen der Finanzmärkte übertragen, die derzeit einen perfekten Disinflationsprozess einpreisten, mit einer sanften Landung der Wirtschaft, einem Rückgang der Inflation, niedrigeren Zinsen und so weiter.

"Sollte etwas Unvorhergesehenes geschehen, könnte es zu einem Anstieg der Volatilität und einer Kurskorrektur kommen, die schließlich auf die europäischen Banken übergreifen könnte", gab der EZB-Vizepräsident zu bedenken.

Zweifel an einer EZB-Zinssenkung im Juni versucht der Spanier aber nicht zu wecken. De Guindos sagte: "Wenn sich die Dinge so entwickeln wie in den letzten Wochen, werden wir unsere restriktive Geldpolitik im Juni lockern. Wenn es bis dahin keine Überraschungen gibt, ist das wie man auf Französisch sagt, ein "fait accompli".

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April 23, 2024 03:00 ET (07:00 GMT)