Berlin (Reuters) - Die Führung in Peking könnte nach Einschätzung des China-Chefökonomen der Deutschen Bank, Yi Xiong, dieses Jahr mit einem ambitionierten Wachstumsziel überraschen.

Er verwies am Dienstag auf einer Online-Veranstaltung der Frankfurt School of Finance & Management, darauf, dass sich die Regionalregierungen in Peking, Shanghai und auch in der bevölkerungsreichsten Provinz Guangdong ein Ziel von fünf Prozent gesetzt hätten. Die Wirtschaftszentren könnten mit ihren Vorgaben quasi als Vorlaufindikator für das nationale Wachstumsziel gelten. Yi hält derzeit zwar eher ein konservatives Ziel von "4,5 Prozent oder darüber" für wahrscheinlich. Doch könne es eine "positive Überraschung" für die Finanzmärkte geben, sollte die Führung das Ziel für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf fünf Prozent festlegen.

Das offizielle nationale Wachstumsziel für das laufende Jahr wird zur Eröffnung des Nationalen Volkskongresses erwartet - der jährlichen Parlamentstagung des kommunistisch regierten Landes. Falls wie bereits 2023 ein Plus beim BIP von rund fünf Prozent angestrebt werden sollte, wäre dies aus Sicht vieler Beobachter recht ambitioniert - selbst wenn Regierung und Notenbank der Wirtschaft erneut Konjunkturspritzen verabreichen sollten.

Auf der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt nach den USA lastet weiter eine Immobilienkrise. Zudem sind viele Regionalregierungen, die riesige Summen in den Ausbau der Infrastruktur gesteckt haben, hoch verschuldet. Zugleich bleibt der private Konsum bei seit Monaten sinkenden Preisen verhalten.

Yi geht davon aus, dass das chinesische BIP 2024 um 4,7 Prozent steigen wird. Er erwartet, dass sich die Wirtschaft gegen Mitte des Jahres aus der Phase sinkender Preise löst. Für das Gesamtjahr könne dann eine Inflationsrate von rund einem Prozent stehen.

Der China-Experte Volkmar Baur von Union Investment ist mit Blick auf die Preisentwicklung skeptischer. Auch er erwartet zwar, dass die Deflationsphase Mitte 2024 endet. Doch wird die Teuerungsrate für das Gesamtjahr seiner Prognose zufolge eher bei der Null-Marke liegen.

(Bericht von Reinhard Becker, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)