Von Amrith Ramkumar

NEW YORK (Dow Jones)--Die größten Automobilhersteller der Welt dringen tiefer in die Lieferkette für Metalle für den Antrieb ihrer Elektroautos vor. Ein 1-Milliarden-US-Dollar-Deal, der in den kommenden Wochen besiegelt werden soll, unterstreicht die Dringlichkeit ihrer Bemühungen und die Risiken, die sie eingehen, um dorthin zu gelangen. VW und Opel-Hersteller Stellantis gehen Verpflichtungen von jeweils 100 Millionen Dollar in einer komplizierten Transaktion ein. Durch diese soll ein börsennotiertes Bergbauunternehmen entstehen, das Nickel und Kupfer in zwei brasilianischen Minen produziert, die mit Wasserkraft betrieben werden.

Sie schließen sich einer speziellen Zweckgesellschaft (SPAC) an, die von einem bekannten Bergbaumanager geführt wird, der hofft, weitere Geschäfte zum Aufbau eines großen Batteriemetallunternehmens abzuschließen.

Der Bergbauriese Glencore investiert ebenfalls 100 Millionen Dollar. Und er hat zugestimmt, das Nickel und Kupfer aus den Minen in Verarbeitungsanlagen in Westeuropa und Nordamerika in batterietaugliches Material umzuwandeln, das für Subventionen in den USA und Europa in Frage käme.

Die Investoren zeigen sich von dem Deal begeistert. Aktien des in London ansässigen SPAC ACG Acquisition verbessern sich gegen den Trend in diesem speziellen Marktsegment. ACG-Manager sind derzeit auf einer Roadshow, um Geld von professionellen Investoren zu sammeln, bevor später in diesem Monat eine Aktionärsabstimmung stattfindet, so die Manager.

Die Transaktion unterstreicht die Verzweiflung, sich Rohstoffe außerhalb Chinas zu sichern, dem weltweit führenden Verarbeiter von Batteriemetallen. Viele Autohersteller suchen nach Materialien aus Minen, die höhere Umwelt- und Arbeitsstandards erfüllen. Außerdem wollen sie in den USA, Kanada und Europa Steuergutschriften, Darlehen sowie Subventionen für Elektroautos in Milliardenhöhe einstreichen.

In den vergangenen Monaten investierte General Motors (GM) 650 Millionen Dollar in einen neu gegründeten Lithiumproduzenten, Stellantis 155 Millionen Dollar in eine argentinische Kupfermine und Ford in eine indonesische Nickelmine. VW startete eine weltweite Suche nach Batteriemetallen, bevor es sich dem ACG-SPAC-Deal anschloss, der insofern einzigartig ist, als er verschiedene Teile der Automobillieferkette in einer einzigen Transaktion vereint.


Mine soll mit Wasserkraft laufen 

Der Beitritt von VW und Stellantis zu der Transaktion "verdeutlicht die Knappheit des Materials, das wir produzieren werden", sagt ACG-Chef Artem Volynets. Die Minen, die mit lokaler Wasserkraft betrieben werden, führen nach Angaben von ACG zu einem geringeren Emissionsprofil der Metalle.

Volynets leitete zuvor die EN+ Group, das russische Unternehmen, das vom sanktionierten Oligarchen Oleg Deripaska gegründet wurde und einen großen Anteil am Aluminiumproduzenten UC Rusal besitzt. Der Spitzenmanager und andere Führungskräfte machten Rusal durch eine Reihe von Akquisitionen zu einem der größten Aluminiumunternehmen der Welt. Er hoffe nun, eine ähnliche Strategie mit Schwerpunkt auf Batteriemetallen anwenden zu können. Nach einem SPAC-Boom in den Jahren 2020 und 2021, als sie beliebte Alternativen zu traditionellen Börsengängen waren, gerieten diese Investmentvehikel im Vorjahr in Ungnade, als Anleger begannen, ihr Geld aus solchen Deals in Scharen abzuziehen.

Typischerweise fusionieren SPACs mit nicht-börsennotierten Startups. ACG holt sich stattdessen Fremdkapital in Höhe von mehr als einer Milliarde Dollar rein - durch Eigenkapital, Schulden und Vorabvereinbarungen zum Verkauf des von ihm produzierten Metalls. Damit sollen die Minen direkt von der Beteiligungsgesellschaft Appian Capital gekauft werden.

Nach dem Erwerb der Minen plant ACG, sich in eine neue Betreibergesellschaft namens ACG Electric Metals umzuwandeln. Das Unternehmen rechnet damit, mindestens einige Hundert Millionen Dollar in seiner Bilanz zu haben.


VW geht in Vorleistung 

VW hat zugestimmt, eine Vorauszahlung von 100 Millionen Dollar für Nickel zu leisten. Stellantis, Glencore und das Bergbauinvestmentunternehmen La Mancha Resource Capital haben jeweils 100 Millionen Dollar Kapitalinvestitionen zugesagt. Derweil versucht die SPAC, während der Roadshow weitere 300 Millionen Dollar einzuwerben. Es nimmt rund 300 Millionen Dollar Schulden bei Banken auf, darunter der Citigroup.

Volynets will seine SPAC von den meisten derartigen Fusionen abheben, an denen unrentable Startups auf vielversprechenden Feldern wie elektrischen Flugtaxis und Kryptowährungen beteiligt sind. ACG geht davon aus, dass die Minen, die sie kauft, in diesem Jahr einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von rund 270 Millionen Dollar erzielen.

Die SPAC wird aber von unbeständigen Rohstoffmärkten abhängig sein, obwohl die Erwartung vorherrscht, dass die starke Batterienachfrage in den kommenden Jahren die Nickel- und Kupferpreise stützt. Unerwartete Minenstörungen könnten eine weitere Herausforderung bedeuten. Das südafrikanische Bergbau-Unternehmer Sibanye-Stillwater hatte zuvor eine Vereinbarung zum Kauf derselben Minen von Appian getroffen und sich dann nach einem sogenannten "geotechnischen Ereignis" zurückgezogen. Appian verklagt nun die Südafrikaner.

(Mitarbeit: Yusuf Khan)

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July 12, 2023 10:24 ET (14:24 GMT)