Bussnang TG (awp) - Der Thurgauer Zughersteller Stadler Rail will sich nicht zur Elefantenhochzeit der beiden Konkurrenten Alstom und Bombardier äussern. "Dafür ist es noch viel zu früh", sagte eine Firmensprecherin am Dienstag auf Anfrage. Man kenne die Details des geplanten Zusammenschlusses noch nicht und müsse die Beurteilung der Wettbewerbsbehörden abwarten.

Mit Bombardier und Alstom wollen sich die beiden grössten Zug- und Tramhersteller Europas zusammenschliessen, wie sie am Vortag mitgeteilt hatten. Der französische TGV-Produzent Alstom bietet für den Kauf der Kanadier einen Preis in der Spanne von 5,8 Milliarden bis 6,2 Milliarden Euro.

Bombardier hat im 11 Milliarden Euro schweren europäischen Bahnmarkt laut Stadler-Einschätzungen einen Marktanteil von 26 Prozent, während Alstom als Nummer zwei auf 19 Prozent kommt. Dahinter ist Stadler Rail mit einem Marktanteil von 15 Prozent der drittgrösste Anbieter knapp vor Siemens mit 13 Prozent.

Pannenzug sorgt für Schlagzeilen

In der Schweiz ist Bombardier mit dem Pannenzug FV-Dosto in die Schlagzeilen geraten. Insbesondere die Schwankungen im Oberdeck stiessen auf Kritik. Zahlreichen Passagieren wurde es während der Fahrt schlecht.

Die SBB hatte vor zehn Jahren 62 Doppelstockzüge bei Bombardier bestellt. Ursprünglich hätten diese 2013 geliefert werden sollen. Bei der Auslieferung des 1,9 Milliarden teuren Beschaffungsprojekts kam es aber immer wieder zu Verzögerungen. Bis Anfang Jahr wurden erst 27 der Züge an die SBB übergeben. Erst im Sommer 2021 soll die ganze Flotte ausgeliefert werden.

Ob sich die SBB künftig wegen der Pannenbehebung an Alstom wenden muss, ist nicht klar. "Selbstverständlich erwartet die SBB, dass Vertragspartner bestehende Verträge einhalten", erklärte die Staatsbahn am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA.

Auswirkungen für Stadler unklar

Bei den Auswirkungen auf Stadler Rail sind sich Beobachter nicht einig. Zum einen erziele Bombardier einen etwas tiefer als erwarteten Erlös für die Geschäftsaktivitäten. Das habe Signalwirkung für die gesamte Branche. Zum anderen entstehe durch den Zusammenschluss ein übermächtiger Rivale für Stadler Rail. Dadurch könnte der Wettbewerb härter werden, gerade bei den Regionalzügen.

Allerdings ist Grösse allein nach Ansicht von Experten keine Garantie für den Erfolg. Jeder Zug muss wieder an die Spezifikationen des jeweiligen Landes angepasst werden. Deshalb ist die Automatisierung der Fertigung auch viel kleiner als beispielsweise bei Autoherstellern.

Optimistischere Stimmen verweisen aber auch auf mögliche Vorteile durch den geplanten Alstom-Bombardier-Deal. Einerseits könnten die beiden Unternehmen durch den Zusammenschluss länger mit sich selber beschäftigt sein, nicht zuletzt auch, weil es eine Weile dauern könnte, bis grünes Licht von den Wettbewerbsbehörden kommt.

Andererseits sei zu erwarten, dass das Plazet der Regulierungsbehörden nur unter der Auflage des Verkaufs von Firmenteilen erfolgt. Im Geschäft mit Signaltechnik oder auch im Servicebereich könnte Stadler davon profitieren. Alstom und Bombardier wollen den Deal in der ersten Hälfte von 2021 unter Dach und Fach bringen.

Am Wachstum verschluckt

Das kürzlich veröffentlichte Jahresergebnis hat gezeigt, dass Stadler Rail zwar über randvolle Auftragsbücher verfügt. Das erst im April letzten Jahres an die Börse gelangte Unternehmen bekundet offenbar aber sichtlich Mühe, die Aufträge in Umsätze und Gewinne umzumünzen. Stadler Rail verfehlte 2019 die eigenen Jahresvorgaben und buchstabierte gleichzeitig bei den mittelfristigen Margenvorgaben etwas zurück.

Bei der Aktienkursentwicklung hinterliess dies indes kaum Spuren. Mit 49 Franken notieren die ursprünglich zu 38 Franken ausgegebenen Papiere unweit des bisherigen Rekordhochs von 50 Franken.

jb/tt