DENVER (dpa-AFX) - Für die Aktie des umstrittenen Datenanalyseunternehmens Palantir ging es nach dem Börsengang im September steil nach oben. Auch der Unternehmenschef Alex Karp will in die gleiche Richtung: nämlich hoch hinaus. Denn die Liste der Palantir-Kunden wächst stetig. So richtig überzeugen kann die Firma Analysten aber bislang nicht. Was bei dem Unternehmen los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht:

DAS IST LOS BEI PALANTIR:

Der Datenanalysespezialist will deutlich zulegen: Nach eigenen Angaben sollen die Erlöse im laufenden Jahr auf rund 1,07 Milliarden US-Dollar (883 Mio Euro) ansteigen, das wäre ein Wachstum im Vergleich zum Vorjahr von 44 Prozent. Zusammen mit den Zahlen für das dritte Quartal schraubte Palantir seine Erwartungen nach oben - nur wenige Wochen nach dem Börsengang. Davor lag die Prognose des Managements bei 1,05 bis 1,06 Milliarden Dollar. Angesichts wachsender Umsätze im dritten Quartal war das offensichtlich zu wenig: In nur drei Monaten ging es um 52 Prozent auf 289 Millionen Dollar nach oben.

Für 2021 strebt das vom Tech-Milliardär Peter Thiel mitgegründete Unternehmen zum Vorjahr ein Umsatzwachstum von mehr als 30 Prozent an. Bei aller Wachstums-Euphorie sieht es unterm Strich aber nicht ganz so rosig aus: Das Unternehmen mit Sitz in Denver im Bundesstaat Colodrado schreibt tiefrote Zahlen, im Geschäftsjahr 2019 fiel ein Verlust von rund 590 Millionen Dollar an.

Palantir verweist allerdings auf die Nachfrage seiner Kunden, die in diesem Jahr erneut zugenommen habe. Erst diese Woche gab das Unternehmen den Abschluss eines millionenschweren Dreijahresvertrages mit der US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel (Food and Drug Administration) bekannt. Einen Tag zuvor verkündete Palantir-Chef Alex Karp eine Vertiefung der Partnerschaft mit Griechenland.

Und die Liste der Kunden geht weiter: Zu den weiteren Datenanalyse-Abnehmern gehören etwa das Land Hessen, das die Palantir-Software Gotham unter dem Projektnamen Hessendata einsetzt, oder das US-Militär. In den Vereinigten Staaten zählen einem Medienbericht zufolge zudem Behörden wie NSA, FBI und CIA dazu.

Die undurchsichtigen Geschäfte mit solchen Kunden sind Kritikern des Konzerns aber ein Dorn im Auge. Was für Daten Palantir sammelt und wie es diese verarbeitet, ist unklar. Auch bei den Datenschutzbestimmungen gibt es große Fragezeichen.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Ob Anleger wirklich auf Palantir setzen sollten, darüber herrscht Uneinigkeit unter den Analysten. Von den sieben von Bloomberg erfassten Experten rät nur ein einziger zum Kauf der Aktie, zwei empfehlen hingegen den Verkauf. Vier Analysten raten Anlegern dazu, die Papiere einfach zu halten. Der derzeitige Kurs liegt deutlich über dem durchschnittlichen Ziel von rund 14 Dollar.

Nach der jüngsten Zahlenvorlage im November zeigte sich die Bank Goldman Sachs besonders beeindruckt. Im ersten Quartal als börsennotiertes Unternehmen sei Palantirs Geschäft im Vorjahresvergleich um 35 Prozent gewachsen, schrieb Goldman-Sachs-Analyst Christopher Merwin jüngst in einer Studie. Er sei der Überzeugung, dass Palantir die Fähigkeit besäße, als zentrales Betriebssystem für Regierungen und kommerzielle Kunden eingesetzt zu werden. Das reicht ihm aber nicht, er stuft Palantir als Neutral ein.

Bereits zuvor hatte Merwin Palantir als Plattform bezeichnet, die es solchen Nutzern ermögliche, große Mengen geordneter als auch unstrukturierter Daten besser verarbeiten zu können, um so Echtzeiterkenntnisse zu gewinnen. Palantir passe am besten in die US-Regierung, da es bis dato nicht vorhandene Lösungen anbiete, um Geheimdienst, Terrorismusbekämpfung und Militär zu unterstützen.

Die US-Investmentbank Jeffries betonte nach einem Telefonat mit einem Palantir-Kunden, dass sie der Ansicht sind, dass der Konzern einzigartig sei in seiner End-to-End-Plattform sowie der Datenintegration, -visualisierung und -analyse. Es gebe vor allem im mittleren Marktsegment Chancen für Wachstum. Jeffries-Experte Brent Thill empfiehlt als einziger den Kauf von Palantir-Aktien.

DAS MACHT DIE AKTIE

Palantir-Anleger der ersten Stunden haben allen Grund zum Jubeln. Noch keine drei Monate an der New Yorker Börse NYSE gelistet, hat sich der Kurs verdreifacht. Das Unternehmen wagte den Sprung an die Börse über eine sogenannte Direktplatzierung, also ohne Unterstützung von Investmentbanken - das spart Gebühren, birgt aber Risiken.

Zuletzt hatten bekannte Tech-Unternehmen wie der Musik-Streamingdienst Spotify oder der US-Bürokommunikationsanbieter Slack diesen Weg gewagt. Wie bei den beiden klappte die Direktplatzierung gut - schon am ersten Tag stieg der Kurs ausgehend vom festgesetzten Referenzpreis von 7,25 Dollar um fast ein Drittel auf 9,50 Dollar.

Nachdem der Kurs die ersten Wochen um die Marke von 10 Dollar pendelte, zog er im November bis auf 33,50 Dollar an. Zuletzt kostete das Papier mit 27 Dollar zwar wieder etwas weniger, liegt aber immer noch rund dreimal über dem Niveau des ersten Handelstages. Das Unternehmen wird damit an der Börse derzeit mit 47 Milliarden Dollar oder umgerechnet rund 39 Milliarden Euro bewertet.

Zum Vergleich: Mit dieser Marktkapitalisierung würde Palantir im deutschen Leitindex derzeit im oberen Mittelfeld liegen noch vor dem Halbleiterhersteller Infineon (38 Mrd Euro), dem Konsumgüterkonzern Henkel (36 Mrd Euro) oder dem weltgrößten Rückversicherer Munich Re (33 Mrd Euro)./ngu/zb/jha/