(neu: Aussagen aus Morphosys-Konferenz mit Analysten, Aktienkurs aktualisiert)

PLANEGG/BASEL (dpa-AFX) - Der Pharmakonzern Novartis greift nach dem Biotech-Unternehmen Morphosys aus Planegg bei München. Die Schweizer sind vor allem am großem Hoffnungsträger Pelabresib interessiert, denn das Krebsmittel der Bayern könnte ein Kassenschlager werden. Novartis lässt sich die Übernahme 2,7 Milliarden Euro kosten und bietet den Morphosys-Aktionären damit eine satte Prämie auf den jüngsten Aktienkurs. Vorstand und Aufsichtsrat von Morphosys unterstützen das Angebot. Die Morphosys-Aktie näherte sich am Dienstag mit einem Kurssprung der Offerte.

Am Nachmittag lag die Aktie zuletzt noch mit fast 14 Prozent im Plus und war damit Spitzenreiter im SDax. Zeitweise war ihr Kurs sogar um ein Fünftel auf 66,58 Euro geklettert. So viel hatte die Aktie seit Juli 2021 nicht mehr gekostet.

"Wir glauben, es ist der richtige Schritt für unser Unternehmen und im Interesse unserer Aktionäre und der Krebspatienten", sagte Morphosys-Chef Jean-Paul Kress und empfahl das Angebot in einer Konferenz mit Analysten. Die Offerte sei attraktiv.

Novartis bietet je Morphosys-Aktie 68 Euro. Dies entspricht den Angaben zufolge einem Aufschlag von 94 Prozent auf den volumengewichteten Durchschnittskurs des letzten Monats vor dem 25. Januar 2024. Zu diesem Datum waren die ersten Übernahme-Spekulationen aufgekommen. Erste Analysehäuser haben ihre Kursziele bereits dem Angebotspreis angepasst - so auch die Experten von Citigroup, die zudem am Dienstag ihr bisheriges Verkaufsvotum für die Aktie strichen.

Novartis hatte vor wenigen Monaten seine Generikatochter Sandoz abgespalten und fokussiert sich nunmehr auf neuartige Arzneimittel. Der Schweizer Hersteller und Morphosys hatten ihr Übernahmevorhaben bereits am späten Vorabend verkündet. Einem Bericht von Reuters zufolge hat sich Novartis damit gegen den ebenfalls interessierten US-Pharmakonzern Incyte durchgesetzt, der Vertriebspartner von Morphosys ist.

Mit der Übernahme des deutschen Unternehmens will sich Novartis das Krebsmittel Pelabresib sichern. Die Arznei wird aktuell im Kampf gegen Myelofibrose eingesetzt. Dabei handelt es sich um einen seltenen Blutkrebs, der seinen Ursprung im Knochenmark hat und für den es bislang kaum Therapiemöglichkeiten gibt.

Die Bayern hatten die Rechte an Pelabresib selbst durch eine teure Übernahme erworben: Dazu kauften sie im Jahr 2021 mit finanzieller Unterstützung des US-Konzerns Royalty Pharma für 1,7 Milliarden Dollar den Krebsspezialisten Constellation Pharmaceuticals. Die teure Forschung an dem Mittel trieb Morphosy jedoch in die roten Zahlen und zwang die Unternehmensführung, andere Forschungsprojekte zu beenden und am Stammsitz in Planegg bei München Arbeitsplätze abzubauen.

Morphosys-Chef Kress sagte nun, Novartis verfüge über umfangreiche Ressourcen, um die Entwicklung von Pelabresib zu beschleunigen. Die Schweizer könnten das Vermarktungspotenzial in größerem Umfang ausschöpfen als Morphosys allein. Hierzu gehörten auch weitere Anwendungsgebiete über die derzeit getestete Indikation hinaus.

Morphosys traut Pelabresib einen Milliardenumsatz zu. Der Zulassungsantrag bei Myelofibrose soll Mitte des Jahres bei den Behörden in den USA und Europa eingereicht werden. Kress glaubt fest an eine Genehmigung, wie er in der Analystenkonferenz erneut unterstrich.

Im November waren am Markt jedoch zeitweise Zweifel an der Zulassungsfähigkeit des Mittels aufgekommen. Zwar erreichte es die wichtigsten Ziele einer relevanten Studie, zeigte jedoch in einigen Teilbereichen keinen statistisch bedeutsamen Nutzen. Der Kurs der Morphosys-Aktie sackte daraufhin binnen weniger Tage um die Hälfte ab. Detailliertere Studiendaten, wonach sich bei allen vier Krankheitsmerkmalen Verbesserungen gezeigt hatten, brachten dann im Dezember neuen Auftrieb an der Börse.

Novartis hat den Vollzug der Übernahmeofferte abseits der üblichen kartellrechtlichen Genehmigungen an eine Mindestannahme durch 65 Prozent des Aktienkapitals geknüpft. Morphosys veranschlagt laut der Analystenpräsentation bis zu acht Wochen für die Überprüfung etwa durch die Finanzaufsicht Bafin, bevor die reguläre Annahmefrist für die Offerte beginnen kann. Daneben müsse das Angebot noch von weiteren Wettbewerbsbehörden geprüft werden, hieß es vom Konzern. Morphosys rechnet nach eigenen Angaben nicht mit wettbewerbsrechtlichen Schwierigkeiten, sodass die Übernahme noch in der ersten Jahreshälfte abgeschlossen werden könnte. Nach dem Vollzug soll das Unternehmen von der Börse genommen werden.

Zudem will sich Morphosys im Zuge der Übernahme vom Blutkrebsmedikament Tafasitamab trennen, wie es in der Mitteilung vom Montagabend weiter hieß. Das Mittel mit dem Handelsnamen Monjuvi ist bisher das einzige eigene Medikament des Unternehmens, für das es schon eine Marktzulassung gibt. Morphosys wird nun alle weltweiten Rechte an dem Wirkstoff an den US-Partner Incyte übertragen. Derzeit arbeiten beide Unternehmen noch gemeinsam an der Entwicklung und Vermarktung von Tafasitamab. In den USA teilte sich die SDax-Firma mit Incyte bisher die Einnahmen an dem Mittel, für das aktuell noch weit fortgeschrittene Studien für weitere Indikationen laufen./tav/stw/he