Von Dan Gallagher

NEW YORK (Dow Jones)--Wie schwer wird der Job des neuen Intel-Chefs sein? Der schärfste Konkurrent des Chipkonzerns hat dafür gerade ein paar wichtige Anhaltspunkte gegeben.

Pat Gelsinger tritt erst Mitte Februar bei Intel an, aber die Ergebnisse des Konzerns für das vierte Quartal, die am Donnerstag veröffentlicht werden, dürften starke Vorzeichen zumindest für den Anfang seines Kurses geben.

Intel hat versprochen, die Gelegenheit zu nutzen, um die Investoren über die anhaltenden Probleme bei der Fertigung zu informieren. Der Konzern will auch angeben, ob er beabsichtigt, bei seiner langjährigen Praxis zu bleiben, die von ihm entwickelten Chips alle selbst zu bauen, oder ob er damit beginnen wird, die Fertigung einiger zukünftiger Designs auszulagern, sehr wahrscheinlich an Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC).

Gelsingers lange Tätigkeit als Ingenieur bei Intel deutet darauf hin, dass der Chiphersteller noch nicht bereit ist, bei der Fertigung das Handtuch zu werfen. Aber mit einer aufstrebenden TSMC zu konkurrieren wird eine gewaltige Aufgabe sein. TSMC meldete am Donnerstag, dass der Umsatz im Jahr 2020 um 31 Prozent auf einen Rekordwert von 45,5 Milliarden US-Dollar gestiegen ist - das beste Wachstum seit mehr als zehn Jahren.


   Doppelt so hohe Investitionen 

Und die Nachfrage nach den Dienstleistungen des Unternehmens in der Fertigung ist so groß, dass TSMC auch in diesem Jahr eine Rekordsumme in die Erweiterung seiner Kapazitäten investieren will. Der Chiphersteller plant 2021 mit Ausgaben zwischen 25 und 28 Milliarden Dollar - doppelt so viel wie Intel in den letzten fünf Jahren durchschnittlich für Investitionen ausgegeben hat.

Intel ist immer noch ein viel größeres Unternehmen, mit einem für 2020 prognostizierten Umsatz von rund 75,3 Milliarden Dollar - ein Plus von 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Aber der jüngste Aufschwung durch boomende PC-Verkäufe und die Nachfrage nach Rechenzentren wird die Produktionsprobleme des Unternehmens nicht lösen. Die Wall Street erwartet derzeit, dass Intels Umsatz in diesem Jahr um 7 Prozent sinken wird - das wäre der schlimmste Rückgang für den Konzern seit mehr als zehn Jahren. TSMC dürfte laut Factset 2021 den Umsatz um 20 Prozent auf etwa 54,4 Milliarden Dollar steigern.

Intel hat starke Fortschritte bei seinem Fertigungsprozess von 7-Nanometer-Chips gemacht, der in jüngster Zeit Probleme bereitet hat. Aber TSMC stellt jetzt fortschrittlichere Chips mit 5 Nanometern en Masse her. Das Unternehmen entwickelt bereits seinen 3-Nanometer-Prozess, der in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 Chips in Serie produzieren soll. Das bedeutet, selbst wenn Gelsinger damit Erfolg hat, Intels Fertigungsprozess wieder auf den richtigen Weg zu bringen, wird das Unternehmen immer noch weiter zurückliegen. Laut Analyst Stacy Rasgon von Bernstein ist Intels Nachteil gegenüber TSMC für mindestens die nächsten drei Jahre "wahrscheinlich in Stein gemeißelt".


   Schwere Entscheidungen verkaufen 

Während also diese Woche die Ergebnisse und das Update von CEO Bob Swan präsentiert werden, der bis zum 15. Februar im Amt bleibt, wird es an Gelsinger liegen, Intels Mitarbeiter, Kunden und Investoren zu überzeugen, dass die Zukunft des Unternehmens das Warten wert ist. Es ist auch möglich, dass er derjenige sein wird, der dieselben Stakeholder von noch radikaleren Optionen überzeugen muss, wie z.B. einem Joint Venture mit TSMC. Einige Analysten haben sogar empfohlen, dass Intel sich komplett von eigenen Fabriken trennen sollte - was den kompletten Ausstieg aus der Fertigung bedeuten würde.

Letzteres ist unwahrscheinlich - einen Käufer für Intels heimische Anlagen zu finden, der den US-Behörden genehm ist, wäre eine sehr hohe Hürde. Aber auch eine begrenztere Outsourcing-Strategie wird ihre Kosten haben, da Intel sowohl einen Fertigungspartner bezahlen als auch seine eigenen Chipfertigungsanlagen finanzieren muss.

Mit anderen Worten: Herr Gelsinger hat keine einfachen Optionen. Seine Ernennung wurde an der Wall Street rundherum bejubelt, wobei mindestens sechs Broker die Aktie seitdem hochgestuft haben. Die gängige Annahme ist, dass eine Führungspersönlichkeit mit technischen Fähigkeiten besser geeignet ist, Intels Probleme anzugehen. Die Ironie dabei ist, dass es eher eine Frage des Verkaufens sein wird, die vielen Stakeholder von Intel zu überzeugen, egal welchen Weg das Unternehmen einschlägt.

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January 18, 2021 08:01 ET (13:01 GMT)