HANNOVER (awp international) - Der weltweit drittgrösste Rückversicherer Hannover Rück will nach seinem Rekordgewinn deutlich mehr Geld an seine Aktionäre ausschütten. Einschliesslich der üblichen Sonderdividende soll die Ausschüttung von 6 Euro auf 7,20 Euro je Aktie steigen, wie der Dax-Konzern am Montag in Hannover mitteilte. Unterdessen wechselt gut fünf Jahre nach Vorstandschef Jean-Jacques Henchoz ein weiterer Manager der grösseren Rivalin Swiss Re zur Hannover Rück: Thorsten Steinmann (51) soll die Nachfolge von Deutschlandchef Michael Pickel antreten.

An der Börse kamen die Neuigkeiten zunächst gut an. Die Hannover-Rück-Aktie gewann zeitweise 1,3 Prozent auf 247,90 Euro und war damit so teuer wie nie zuvor. Danach sackte ihr Kurs jedoch ab und lag am Nachmittag zuletzt mit 0,65 Prozent im Minus bei 243 Euro. Die wichtigsten Jahreszahlen des Konzerns waren bereits seit Anfang Februar bekannt - die Geschäftsziele für 2024 sogar schon seit Dezember. Daher stand nun der Dividendenvorschlag besonders im Fokus.

Die geplante Ausschüttung für 2023 besteht aus einer Basisdividende von 6 Euro und einer Sonderdividende von 1,20 Euro je Aktie. Für das Vorjahr hatten die Anteilseigner eine Basisdividende von 5 Euro und eine Sonderdividende von 1 Euro erhalten. Grösster Profiteur ist der Versicherungskonzern Talanx (HDI), dem gut die Hälfte der Hannover-Rück-Aktien gehören. Talanx will die eigene Jahresbilanz an diesem Donnerstag (21. März) veröffentlichen.

Die Hannover Rück profitierte im vergangenen Jahr von weiter gestiegenen Preisen für Rückversicherungsschutz und etwas geringeren Belastungen durch Grossschäden. Unter dem Strich stand nach der neuen Rechnungslegung für grosse Versicherer ein Gewinn von rund 1,8 Milliarden Euro und damit so viel wie nie zuvor, wie der Konzern bereits Anfang Februar mitgeteilt hatte. Im Vorjahr hatte der Gewinn nach den neuen Regeln lediglich 781 Millionen Euro betragen.

Nach der alten Rechnungslegung hatte die Hannover Rück für 2022 hingegen einen Überschuss von 1,4 Milliarden Euro gemeldet. Die grosse Differenz lag auch an einmaligen Bilanzierungseffekten sowie der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens mit dem weltgrössten Rückversicherer Munich Re .

Im Jahr 2023 kamen positive Steuereffekte hinzu. Wegen der Einführung einer globalen Mindestbesteuerung und steuerlicher Verlustvorträge in Bermuda zahlte die Hannover Rück nur 26 Millionen Euro Steuern und damit eine halbe Milliarde weniger als ein Jahr zuvor. Statt den Jahresgewinn damit noch stärker in die Höhe zu treiben, stockte sie ihre Schadenreserven um eine halbe Milliarde Euro auf.

Im laufenden Jahr will Vorstandschef Henchoz den Gewinn wie geplant weiter steigern. Auch dank der jüngsten Preiserhöhungen im Schaden- und Unfallgeschäft soll der Überschuss 2024 auf mindestens 2,1 Milliarden Euro steigen. Damit dies gelingt, will der Manager den Versicherungsumsatz von zuletzt knapp 24,5 Milliarden Euro währungskursbereinigt um mehr als fünf Prozent nach oben treiben.

Im Schaden- und Unfallgeschäft soll nach Abzug der Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb zudem ein grösserer Anteil des Umsatzes beim Konzern hängen bleiben: So will Henchoz die kombinierte Schaden-Kosten-Quote von zuletzt 94 Prozent auf unter 89 Prozent im laufenden Jahr verbessern.

Bei den Kapitalanlagen nimmt sich der Vorstand trotz der stark gestiegenen Zinsen keine deutlich höhere Rendite vor. Mit mindestens 2,8 Prozent sollen sie lediglich nicht weniger abwerfen als im vergangenen Jahr. Zwar lege die Hannover Rück neues Geld derzeit zu 4,4 Prozent an, sagte Finanzchef Clemens Jungsthöfel in einer Videokonferenz mit Journalisten. Der durchschnittliche Zins liege bei 3,3 Prozent. Allerdings habe der Konzern im vergangenen Jahr von inflationsgebundenen Anleihen profitiert.

Zudem hält der Manager 2024 höhere Wertminderungen auf Private-Equity-Anlagen und Immobilien für möglich. Im vergangenen Jahr hatten sich die Abschreibungen auf Immobilien im problematischen US-Markt ihm zufolge in Grenzen gehalten. Bei den Immobilien des pleitegegangenen Signa-Konzerns des österreichischen Investors René Benko hat der Rückversicherer laut Jungsthöfel jedoch kein Geld im Feuer.

Weiterhin rote Zahlen erwartet die Hannover Rück bei den deutschen Kfz-Versicherern. Deutschlandchef Michael Pickel schätzt, dass die Branche ihre Prämien wegen steigenden Preise für Ersatzteile und Reparaturen noch weiter anheben muss. "Es fehlt noch viel", sagte der Manager. Erst im Jahr 2026 dürften die Einnahmen nach seiner Einschätzung wieder ausreichen, um die Ausgaben für Schäden, Verwaltung und Vertrieb zu decken.

Unterdessen steuert Pickel nach 24 Jahren im Konzern auf die Rente zu - und die Hannover Rück bekommt einen neuen Deutschlandchef. Aufsichtsratschef Torsten Leue lobte den scheidenden Manager: Pickel habe mit seiner Führungsstärke und Engagement zum Erfolg der Hannover Rück und ihrer Deutschlandtochter E+S Rück beigetragen.

Sein Nachfolger Thorsten Steinmann (51) kommt vom weltweit zweitgrössten Rückversicherer Swiss Re und bringt den Angaben zufolge mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Branche mit. Bei der Swiss Re hatte er erst im vergangenen Jahr die Leitung der Deutschland-Niederlassung übernommen. Der Schweizer Rückversicherer verliert damit einen weiteren Manager an die kleinere Konkurrentin: Vorstandschef Henchoz war 2019 von der Swiss Re zur Hannover Rück gekommen./stw/mne/ngu