Von Spencer Jakab

NEW YORK (Dow Jones)--Wie nennt man eine Anlagestrategie, die Unternehmen wie Amazon, Facebook, Tesla, Netflix und die Google-Mutter Alphabet nicht auf der Liste hat? "Langweilig" könnte einem prompt in den Sinn kommen.

Bis vor kurzem konnte sich ein Portfolio, das solche Nichtzahler von Dividenden ausschloss, ganz gut entwickeln. In der Praxis mag das immer noch so sein, auch wenn die Theorie dagegen spricht. Franco Modigliani und Merton Miller, Pioniere der modernen Finanztheorie, argumentierten schon vor Jahrzehnten, dass Anleger Dividenden theoretisch gleichgültig gegenüberstehen sollten.

Seit den 1980er Jahren, als Unternehmen den Drang bekamen, ihre Aktien zurückzukaufen, haftet Ausschüttungen in den USA etwas Altmodisches an. Im zweiten Quartal dieses Jahres betrug die Rendite aus Rückkäufen im S&P 500 2,52 Prozent, während die Dividendenrendite laut Yardeni Research nur bei 1,75 Prozent lag. Die Entscheidung, Dividenden auszuzahlen, reduziert sich auf die Frage, wie viel Geld das Management eines Unternehmens nach Ansicht der Investoren verdienen kann, wenn sie treu an der Aktie festhalten bzw. reinvestieren.

Aktivistische Investoren waren bei dem Thema zuletzt gespalten. D.E. Shaw drängte Exxon Mobil der fetten Dividende wegen, die Ausgaben zu senken, während Third Point Walt Disney dazu anhielt, die Auszahlung auszusetzen und stattdessen in Streaming zu investieren.

Doch für etwas, das theoretisch keine Rolle spielen sollte, liefen Dividenden-Aktien wie geschmiert. Es scheint nur darauf anzukommen, sich auf Unternehmen mit hohen, aber nachhaltigen Ausschüttungen zu konzentrieren.

Die Aufteilung großer US-Unternehmen in fünf Gruppen (Quintile) anhand der Dividendenrendite ergab, dass die Gruppe mit der zweithöchsten Rendite den Markt über viele Jahrzehnte hinweg jedes Jahr am beständigsten schlug.

Nimmt man den Zeitraum von 1928 bis 2019, so wurden laut Professor Kenneth French vom Dartmouth College aus einer Ein-Dollar-Investition in Dividendenzahler dieses Quintils am Ende 25.395 US-Dollar. Die gleiche Investition in einen Korb von Nichtzahlern wäre am Ende nur 2.139 Dollar wert gewesen. Dieses Ergebnis ist umso bemerkenswerter, als Dividenden in den lohnendsten Jahrzehnten des Marktes einen relativ geringen Teil der Anlegerrendite ausmachten. In den 1990er und 2010er Jahren trugen sie nach Angaben von Morningstar und Hartford Funds 16 Prozent und 17 Prozent zur Rendite des S&P 500 bei. In weniger stürmischen Zeiten wie den 1940er und 1970er Jahren haben sie dies jedoch mehr als wett gemacht, als sie 67 Prozent bzw. 73 Prozent der Rendite beisteuerten.

Teil der Antwort auf die Frage, warum Dividenden wichtig sind, ist, dass sich die Wiederanlage von Dividenden gerade in trostlosen Zeiten auszahlt. Das ist leichter gesagt als getan, wenn Anleger entmutigt werden. Die andere Frage ist, welche Unternehmen überhaupt Dividenden zahlen. Ein Dividendenzahler ist seiner Natur nach eher eine Value-Aktie.

Im Juni lag das durchschnittliche Kurs-Buchwert-Verhältnis von Dividendenaristokraten wie AbbVie, 3M und Colgate-Palmolive, die seit mindestens einem Vierteljahrhundert steigende Dividenden leisten, laut ProShares unter der Hälfte des S&P-Wachstumsindex. Heute sind Value-Unternehmen gerade aus der Mode. Genau so war es in den 1990er Jahren und anderen bullischen Perioden. Wenn allerdings die Party endet, strahlen diese preiswerten Aktien ganz besonderes. Gleiches kann man von Unternehmen, die Aktionäre hauptsächlich durch Rückkäufe belohnen, nicht unbedingt behaupten. Sie neigen dazu, Rückkäufe viel schneller zu reduzieren, wenn die Aktien fallen.

Langjährige Dividendenzahler hassen es, ihre Aktionäre zu verärgern, indem sie die Auszahlungen kürzen. Das könnte sie zwar zwingen, sich Geld zu leihen, um diese Coupons zu finanzieren, oder sie müssten gute Investitionsmöglichkeiten sausen lassen. Andererseits führt das aber auch dazu, dass Manager schlechte Investitionen vermeiden. So gesehen sind sie die besseren Verwalter des Anlegerkapitals, weil sie es vernünftiger ausgeben müssen.

Dividenden sind möglicherweise nicht die effizienteste Methode, um gute Unternehmen hervorzubringen. Trotzdem sprechen die Ergebnisse für sich.

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December 14, 2020 04:00 ET (09:00 GMT)