Düsseldorf (Reuters) - Das Land Berlin dem Energieriesen Vattenfall für voraussichtlich mehr als eine Milliarde Euro den Stromnetzbetreiber der Hauptstadt abkaufen.

"Wir übernehmen ein gutes Unternehmen", sagte Finanzsenator Matthias Kollatz auf einer kurzfristig organisierten Pressekonferenz. Die Bücher der Stromnetz Berlin GmbH müssten zwar noch genau unter die Lupe genommen werden, er sehe aber kein großes Konfliktpotenzial. Der Preis könne "irgendwo in der Mitte" zwischen einer und drei Milliarden Euro liegen. In der Berliner Bevölkerung gibt es seit Jahren die Forderung, die Stadt solle die Stromnetze in die eigene Hand nehmen.

Vattenfall hatte den Verkauf am Freitagmorgen angeboten. Damit sollten die jahrelangen Auseinandersetzungen um die Stromkonzession beendet und ein vorhersehbarer und klarer Weg für die weitere Entwicklung des Berliner Stromnetzes geebnet werden. Zum Kaufpreis wollte sich Vattenfall nicht äußern. Die Berliner Tochter betreibt ein Netz mit einer Länge von über 35.000 Kilometern, beschäftigt knapp 1300 Mitarbeiter und beliefert 2,37 Millionen Haushalte und Gewerbekunden.

VATTENFALL HÄLT AN VERTRIEBSGESCHÄFT FEST

"Wir bedanken uns für das Angebot von Vattenfall. Ich freue mich, dass nun aller Voraussicht nach die jahrelangen Auseinandersetzungen um das Berliner Stromnetz beendet werden können", sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller. "Das Stromnetz ist eine Schlüsselinfrastruktur für die Klimawende." Hier seien zwar erhebliche Investitionen erforderlich, die aber durchaus im Rahmen eines effizienten, integrierten Betriebs erwirtschaftet werden könnten. Die bei Vattenfall in diesem Bereich tätigen Mitarbeiter sollen übernommen werden. Das Berliner Abgeordnetenhaus soll über den Kauf noch abstimmen, der mit Wirkung zum 1. Januar über die Bühne gehen könne.

Mit Preiserhöhungen müsse durch die Transaktion nicht gerechnet werden, da der größte Teil des Strompreises reguliert und die Netzgebühren ein Bestandteil seien, betonte Finanzsenator Kollatz. Er zeigte sich zudem interessiert an einer Übernahme der Mehrheit des Berliner Versorger Gasag. Die Anteile gehören bislang Vattenfall, E.ON und dem französischen Versorger Engie.

Am Vertriebsgeschäft hält Vattenfall fest. "Wir bleiben Berlins größter Stromanbieter und werden weiterhin etwa 1,6 Millionen Strom- und Gaskunden in Berlin und 3,8 Millionen bundesweit verlässlich versorgen", sagte Finanzchefin Anna Borg.