Von David Wighton

LONDON (Dow Jones)--Die Deutsche Börse kämpft um IPOs. Damit steht der designierte neue CEO Stephan Leithner vor ähnlichen Herausforderungen wie sein Amtskollege der London Stock Exchange (LSE), David Schwimmer.

Wie der Londoner Rivale steht die Deutsche Börse unter Druck, mehr heimische Unternehmen für sich als Börsenplatz zu gewinnen und den Trend zu stoppen, dass immer mehr IPO-Kandidaten New York statt London oder Frankfurt für einen Börsengang wählen. Die Aktionäre der Deutschen Börse - wie auch jene der London Stock Exchange - machen sich allerdings größere Gedanken über die Aussichten für die anderen Geschäftsbereiche wie Marktdaten und Analyse sowie Softwareangebote.

Nach einer Reihe von Akquisitionen in den vergangenen Jahren trug das Wertpapiergeschäft zuletzt nur noch weniger als 10 Prozent zu den Gesamterlösen bei. Aber die Verfassung der Frankfurter Börse ist ein sensibles politisches Thema, nicht zuletzt verstärkt durch die Entscheidung von Birkenstock, in New York an die Börse zu gehen. Die Deutsche Börse hat zuletzt ein Joint Venture mit Euronext vorgeschlagen, um die Neuemissionen in Europa wieder anzukurbeln. Doch dieser Vorschlag wurde zurückgewiesen.


   Software-Geschäft zuletzt mit Zukauf verstärkt 

Leithner sitzt seit 2018 im Vorstand, wo er für Pre- & Post-Trading und damit auch das wachsende Geschäft mit Investment Management Solutions zuständig ist. Dieses wurde vergangenes Jahr ausgeweitet mit der Übernahme von Simcorp, einem dänischen Anbieter von Investment-Management-Software, für 3,9 Milliarden Euro. Der neue CEO wird zeigen müssen, dass sich der Deal auszahlt. Einige Analysten hatten ihn als sehr teuer eingestuft.

Einen Rückschlag musste der Konzern zuletzt verkraften, als Brüssel einen Gesetzentwurf für die Verlagerung von Euro-Clearing bei Zinsderivaten von London in die EU ein Stück weit abschwächte. Die Derivate-Tochter Eurex der Deutschen Börsen hätte davon stark profitiert.

Leithner wird am 1. Oktober zunächst Co-Vorstandschef. Der amtierende Chef Theodor Weimer wird dann Ende des Jahres seinen Posten räumen.

Weimers Amtszeit gilt insgesamt als Erfolg. Der Manager hat den Konzern nach Turbulenzen stabilisiert und ihn weiter diversifiziert. Weimer hat außerdem einen Versuch unternommen, Borsa Italiana von der LSE zu kaufen, zog aber gegenüber der Euronext den Kürzeren.

Weimer hat den Vorstandsposten 2018 von Carsten Kengeter übernommen. Der war wegen Untersuchungen möglicher Insidergeschäfte zurückgetreten. Es ging damals darum, dass Kengeter 2015 Aktien der Deutschen Börse für 5,3 Millionen US-Dollar gekauft hatte, zwei Monate bevor herauskam, dass der Konzern eine Fusion mit der LSE plant. Die Fusion wurde letztlich aber von den Regulierungsbehörden gestoppt.


   Leithner dürfte Schwerpunkt auf andere Bereiche legen 

Politiker sähen eine weitere Konsolidierung unter Börsenbetreibern in Europa gerne, um die notwendige Vertiefung der Kapitalmärkte voranzutreiben. Aber wie die Antwort der Euronext auf den Vorschlag der Deutschen Börse zur Zusammenarbeit gezeigt hat, ist der Enthusiasmus gering.

Unter Leithner scheint es wahrscheinlicher, dass die Deutsche Börse die anderen Bereiche ihres Geschäfts weiter ausbaut und die Frankfurter Börse eine noch geringere Rolle im Konzern spielen wird.

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(END) Dow Jones Newswires

March 11, 2024 03:43 ET (07:43 GMT)