Zu Beginn des neuen Jahres blickt die europäische Bankenbranche auf ein Jahr mit insgesamt solider Profitabilität zurück. Zugleich wird es für sie auch im neuen Jahr darum gehen, einen Rückgang der Erträge zu vermeiden und sich gegen Angriffe neuer Konkurrenten zu wehren. Die Neun-Monats-Ergebnisse 2019 der 20 wichtigsten Institute unterstreichen dieses ausgesprochen gemischte Bild. Erträge und Kosten lagen auf dem Niveau des Vorjahres. Das Wachstum des Zinsüberschusses beschleunigte sich weiter (+2,5%). Der Gegenwind aus negativen Zinsen und sinkenden Margen wurde durch das ebenfalls deutlich anziehende Volumenwachstum mehr als wettgemacht. Bei der Bilanzsumme betrug das Plus Ende September bemerkenswerte 7% gegenüber Vorjahr, bei den Risikoaktiva (RWA) 6% und beim Eigenkapital 5%. Eine treibende Kraft war das Kreditgeschäft - im Euroraum lagen die ausstehenden Kredite aller Banken an den privaten Sektor 2,7% über dem Vorjahreswert. Das ist das beste Ergebnis seit 2011.

Schwache Ertragskomponenten sind nach wie vor das Handelsergebnis (-15% bei den größten europäischen Banken) sowie der Provisionsüberschuss (-1%). Im Gegensatz zu den letzten Jahren profitieren die Banken nicht mehr von einer Verbesserung der Kreditqualität. Der Rückenwind aus der immer geringeren Risikovorsorge hat sich gedreht und in einen - geringfügigen - Gegenwind verwandelt (+14%). Unter dem Strich stieg die Aufwand-Ertrag-Relation um einen %-Punkt auf 63%. Der Gewinn nach Steuern ging um 15% zurück, allerdings von einem recht robusten Niveau aus - 2018 war das beste Jahr für europäische Banken seit der Finanzkrise.

Die Banken sind noch immer dabei, ihre Geschäftsmodelle an die neuen regulatorischen Rahmenbedingungen anzupassen. Diese messen nicht-risikosensitiven Indikatoren zulasten risikogewichteter Kapitalquoten eine größere Bedeutung bei. Daher überrascht es nicht, dass sich die Banken auf die Stärkung der Leverage Ratio konzentrierten. Diese stieg um 0,2 %-Punkte auf durchschnittlich 4,9% (bei Vollanwendung von Basel III). Gleichzeitig sank die harte Kernkapitalquote um 0,3 %-Punkte auf 13,5%, was aber immer noch komfortabel ist. Eine durchschnittliche Mindestliquiditätsquote (LCR) von 150% (+2 %-Punkte) zeugt von hoher Widerstandsfähigkeit im Fall von erneuten Turbulenzen am Finanzmarkt. Aber sie hat auch ihren Preis: Der Einlagenzinssatz der EZB liegt bei -0,5%; die Renditen an den europäischen Anleihemärkten sind häufig negativ.

Welche Themen stehen auf der Agenda der europäischen Banken in diesem Jahr voraussichtlich ganz oben? i) Auf jeden Fall die Stabilisierung und Steigerung der Erträge. Die nominalen Erträge liegen immer noch unter dem Niveau vor der Finanzkrise. Der Gegenwind durch negative Zinsen und schrumpfende Margen ist beträchtlich. Aber die Banken müssen davon ausgehen, dass das aktuelle Umfeld noch viele Jahre anhalten wird. ii) Die Europäische Kommission wird voraussichtlich im Sommer Vorschläge dazu veröffentlichen, wie die endgültigen Basel III/Basel IV-Regeln in europäisches Recht umgesetzt werden sollen. Der Output-Floor, also die Mindesthöhe der Risikoaktiva nach dem Standardansatz, dürfte einigen Banken, die derzeit interne Risikomodelle verwenden und bei denen die Ergebnisse besonders stark vom Standardansatz abweichen, Probleme bereiten. iii) Die geopolitischen Risiken bleiben hoch. Im Handelskrieg zwischen den USA und China kam es zwar zu einem vorübergehenden Waffenstillstand; der Streit kann aber jederzeit wieder eskalieren. Der Brexit wird bald vollzogen. Für Ende 2020, wenn die Übergangszeit zu Ende gehen soll, droht erneut ein harter Bruch. iv) Die europäische Wirtschaft ist immer noch schwach und anfällig für einen plötzlichen Einbruch. v) Technologieunternehmen steigen zunehmend in das Kerngeschäft der Banken ein. Sowohl Start-ups als auch etablierten großen Akteuren ist es mittlerweile in vielen Fällen gelungen, einzelne Elemente der traditionellen Wertschöpfungskette der Universalbanken zu übernehmen. Dieser Trend dürfte sich in den kommenden Jahren noch verstärken.

In diesem Umfeld lässt der Druck auf die europäischen Banken nicht nach. Es fehlt ihnen an fundamentalen Wachstumstreibern, und im Gegensatz zu ihren amerikanischen Konkurrenten bekommen sie Gegenwind von der Geldpolitik, der Fiskalpolitik, der Strukturpolitik und der Regulierung. Andererseits sind die meisten europäischen Banken deutlich schlanker geworden. Sie investieren in neue Technologien, verfügen über eine starke Kapital- und Liquiditätsausstattung und sind wieder hinreichend profitabel. Dennoch stehen die europäischen Banken 2020 vor ähnlich großen Herausforderungen wie in den vergangenen Jahren.

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Deutsche Bank AG veröffentlichte diesen Inhalt am 09 Januar 2020 und ist allein verantwortlich für die darin enthaltenen Informationen.
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