Berlin/Paris (Reuters) - Deutschland ist nach Angaben aus Kreisen des Bundesfinanzministeriums offen für eine noch stärkere Nutzung der Erträge aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten.

Dies werde Thema beim G7-Treffen Ende der Woche im norditalienischen Stresa, sagte ein deutscher Regierungsvertreter am Mittwoch in Berlin. Es gehe um die Hebelung der bisherigen Summen. Sollte dies rechtlich tragfähig sein, wäre Deutschland bereit, den Schritt mitzugehen. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sagte, die G7-Gruppe müsse eine einheitliche Linie finden. Er sei bereit, über die US-Vorschläge dazu zu beraten.

Die EU hat diese Woche ihre Pläne formal bestätigt, die Zinserträge auf die eingefrorenen russischen Vermögenswerte abzuschöpfen. Bis 2027 wird dadurch mit Einnahmen von 15 bis 20 Milliarden Euro gerechnet. "Die EU hat geliefert", sagte der deutsche Regierungsvertreter. Die Gelder seien für die militärische Unterstützung der Ukraine vorgesehen, die sich gegen den Angriff Russlands wehrt.

Die USA wollen nun auch die künftigen Erträge bereits nutzen und als Sicherheit für einen großen Kredit zugunsten der Ukraine verwenden. Dieser könnte ein Volumen von rund 50 Milliarden Dollar haben. Die Finanzminister der sieben führenden westlichen Industrienationen (G7) werden darüber vermutlich kontrovers diskutieren. Bislang ist allerdings kein konkreter Vorschlag bekannt. Insidern zufolge sind viele technische Details noch ungeklärt.

Eigentlich würden die USA gerne noch weitergehen und die eingefrorenen Gelder - rund 300 Milliarden Dollar - beschlagnahmen. Dies stößt aber auf starke rechtliche Bedenken in der EU. "Es bleibt unsere Position: Es geht um die Erträge aus den eingefrorenen Vermögenswerten. Es geht nicht um die Vermögenswerte an sich", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. Auch eine Sprecherin des Finanzministeriums sprach davon, dass die Erträge genutzt würden. "Der Bestand des russischen Zentralbankvermögens bleibt dabei aber unberührt. Damit bleiben grundlegende völkerrechtliche Prinzipien wie die Staatsimmunität gewahrt."

Die russische Regierung erklärte, eine Konfiszierung der Gelder würde gegen alle internationalen Normen verstoßen. "Wir können sehen, dass sie vorsichtig sind", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Die EU erkenne die potenziellen Gefahren und Konsequenzen ihrer Handlungen. "Deswegen haben sie die kleinere Option gewählt." Aber auch diese komme einer Enteignung gleich. Die Regierung in Moskau arbeite noch an einer Antwort.

HANDELSSTREIT MIT CHINA AUCH THEMA BEI G7

Thema in Stresa dürfte auch der wiederaufgeflammte Handelsstreit zwischen den USA und China sein. Einige der angekündigten Sonderzölle der USA auf chinesische Importe werden zum 1. August in Kraft treten. Dann ende eine 30-tägige Konsultationsphase, teilte die US-Regierung mit. Betroffen sind Waren im Wert von 18 Milliarden Dollar aus der Volksrepublik, unter anderem Stahl, Aluminium, Halbleiter, Elektroautos, Mineralien, Solarzellen und Kräne. China hat die US-Pläne scharf kritisiert und mit Gegenmaßnahmen gedroht, um seine Interessen zu verteidigen. Das US-Vorgehen sei kontraproduktiv und schade auch der Weltwirtschaft.

Der Westen wiederum wirft China vor, mit staatlichen Subventionen Waren im Überfluss zu produzieren. Billig-Produkte würden dann gezielt Richtung USA oder Europa gelenkt. Le Maire sagte, die G7-Gruppe müsse wegen der chinesischen Überkapazitäten mit einer Stimme sprechen.

(Bericht von Christian Krämer, Mitarbeit von Andreas Rinke und Leigh Thomas.; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)