Berlin (Reuters) - Schlechte Stimmung und düstere Prognosen machen den Wohnungsbau wohl auch 2024 zum Sorgenkind der deutschen Wirtschaft.

Das Barometer für das Geschäftsklima sank im Dezember auf den tiefsten Stand seit Beginn der Erhebung 1991, wie das Ifo-Institut am Mittwoch mitteilte. Das Barometer fiel auf minus 56,8 Punkte, nach minus 54,4 im Vormonat. Die Unzufriedenheit greift demnach immer weiter um sich. Außerdem befürchten die Wohnungsbauunternehmen für das erste Halbjahr 2024 weitere Einbußen. "Obwohl die Zinsen für Baufinanzierungen zuletzt wieder gesunken sind, ist noch keine Entspannung in Sicht", sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. "Die außergewöhnlich schwachen Erwartungen zeigen, dass die Firmen aktuell keine Hoffnung haben."

Das wird von einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) bestätigt. Die Ausgaben für Bauleistungen werden demnach in diesem Jahr erstmals seit der Finanzkrise 2009 sinken. Prognostiziert wird ein Minus von 3,5 Prozent auf rund 546 Milliarden Euro. Der Wohnungsbau allein dürfte dabei sogar um 5,4 Prozent schrumpfen. Etwas abgefedert wird der Abwärtstrend durch den Tiefbau, zu dem der staatlich dominierte Straßenbau zählt: Er soll um 1,8 Prozent zulegen. Im vergangenen Jahr war das Bauvolumen insgesamt um 6,1 Prozent gewachsen, überzeichnet durch kräftige Preisanstiege. Inflationsbereinigt gab es dagegen mit 1,1 Prozent den dritten realen Rückgang in Folge, der 2024 mit minus 1,5 Prozent noch etwas größer ausfallen soll.

"Der Einbruch in der Bauwirtschaft zieht sich länger hin als erwartet", sagte Studienautorin Laura Pagenhardt. "Erst im kommenden Jahr wird wohl bei weiter sinkenden Baupreisen wieder ein kleines Plus erwirtschaftet." Dann erwartet das DIW eine Zunahme um 0,5 Prozent. "Der Wohnungsbau hat drei schwierige Jahre hinter sich und es wird noch ein weiteres schweres folgen", prophezeite Studienautor Martin Gornig. Das Ziel, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen, rücke weiter in die Ferne. 2024 dürften es nur etwa 265.000 werden.

Das knappe Angebot macht sich verstärkt bei Mieten bemerkbar, besonders in Großstädten. Im vierten Quartal wurden für Bestands-Mietwohnungen deutschlandweit 1,6 Prozent mehr als im Vorquartal und 5,8 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum verlangt, ergab die Datenauswertung des Portals ImmoScout24. Im Neubau stiegen die Angebotsmieten um 1,4 und 7,7 Prozent. Der Quadratmeterpreis liegt im Bestand bei 8,42 Euro, bei Neubauten bei 11,72 Euro.

MEHR STORNIERUNGEN

"Neue Preisrekorde zeigen, wie angespannt der Mietmarkt in den Metropolen weiterhin ist", sagte ImmoScout24-Geschäftsführerin Gesa Crockford. Das betreffe besonders den Neubau. "In München zahlt man durchschnittlich 24 Euro pro Quadratmeter", sagte Crockford dazu. "In Berlin sind Neubauwohnungen 20 Prozent teurer als noch vor einem Jahr." Hier liegt der Quadratmeterpreis mittlerweile bei 19,45 Euro. Auch in Stuttgart (+14,6 Prozent), Köln (+14,1) und München (+12,8) stiegen die Angebotspreise stark.

Derweil klagen wieder mehr Unternehmen über die Stornierung von Aufträgen für den Wohnungsbau. 22,1 Prozent waren im Dezember davon betroffen, nach 21,5 Prozent im Vormonat, so das Ifo-Institut. "Die Verunsicherung der potenziellen Bauherren sitzt tief", sagte Wohlrabe dazu. Von zu niedrigen Auftragsbeständen sprachen 56,9 Prozent der Betriebe.

BAUPREISE STEIGEN LANGSAMER

Schon 2023 war ein schwieriges Jahr für den Wohnungsbau. Das Neugeschäft blieb weit unter dem Niveau der Vorjahre zurück. "Dies war eine Folge der drastisch gestiegenen Bau- und Zinskosten sowie der schwächeren Fördermöglichkeiten", erklärte Ifo-Experte Wohlrabe. "Nur der hohe Auftragsbestand, mit dem die Betriebe in die Krise gestartet waren, sowie die langen Projektlaufzeiten hatten einen noch stärkeren Einbruch der Bautätigkeit verhindert."

Um die Baukonjunktur zu beleben, muss die Politik dem DIW zufolge Klarheit über die Förderprogramme schaffen. "Hier muss die Verunsicherung schnellstmöglich beseitigt werden", fordert Pagenhardt. Impulse könnten von langsamer steigenden Baupreisen kommen. Der Neubau konventionell gefertigter Wohngebäude verteuerte sich im November nur noch um 4,3 Prozent zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt ermittelte. Das ist der kleinste Anstieg seit dem ersten Quartal 2021.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)