Frankfurt (Reuters) - Eine Fülle von Sorgen zehrt an den Nerven der Anleger: Der Krieg in der Ukraine treibt die Rohstoffpreise, wodurch ein Inflationsschub bei gleichzeitiger Abkühlung der Konjunktur droht.

Dazu gesellen sich enttäuschende Firmenbilanzen. Dax und EuroStoxx50 verloren am Dienstag jeweils 2,2 Prozent auf 14.149 beziehungsweise 3838 Punkte.

"Wenn man unterstellt, dass es keine schnelle Lösung für den Konflikt gibt, könnte das weltweite Wirtschaftswachstum um einen halben bis einen Prozentpunkt geringer ausfallen", prognostizierte Paul Jackson, leitender Analyst beim Vermögensverwalter Invesco. Teile Europas könnten sogar in eine Rezession rutschen. Außerdem müsse mit einer langfristig hohen Inflation gerechnet werden.

Einem Satellitenfirma zufolge hat Russland Verbände vor der ukrainischen Hauptstadt Kiew zusammengezogen. Gleichzeitig intensivierte es den Beschuss ukrainischer Städte. "Beim Thema direkter Sanktionen gegen russische Öl- und Gas-Exporte ist es nur noch eine Frage von 'wann' und nicht 'ob'", sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com.

ROHSTOFF-RALLY GEHT WEITER

Vor diesem Hintergrund stieg der Preis für die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee um fünf Prozent und lag mit 102,75 Dollar je Barrel (159 Liter) in Reichweite ihres Siebeneinhalb-Jahres-Hochs von vergangener Woche. Der europäische Erdgas-Future verteuerte sich um 18 Prozent auf 112,50 Euro je Megawattstunde. Anleger verfolgten aufmerksam, ob die westlichen Sanktionen oder die russischen Gegenmaßnahmen sich bereits auf die Rohstoff-Lieferungen auswirkten, schrieben die Analysten der ING Bank.

Bei Palladium bereitete die Sperrung der westlichen Lufträume für russische Maschinen bereits Probleme, sagte Commerzbank-Analyst Daniel Briesemann. "Palladium wird für gewöhnlich als Fracht in Passagiermaschinen transportiert." Das für Autokatalysatoren benötigte Metall verteuerte sich um 7,6 Prozent auf 2677 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Russland ist der mit Abstand größte Palladium-Exporteur.

ANLEGER FLIEHEN IN GOLD, BONDS UND KRYPTOWÄHRUNGEN

Am Devisenmarkt stand die russische Währung erneut unter Druck. Der Dollar steuerte im Gegenzug mit einem Plus von 5,5 Prozent auf 99,80 Rubel auf ein neues Rekordhoch zu. Dass nicht einmal die drastische Zinserhöhung der russischen Zentralbank den Rubel stabilisieren konnte, sei in klares Zeichen, dass es für ausländische Investoren unmöglich sei, in Russland zu investieren, sagte Analyst Piotr Matys vom Anlageberater In Touch. Die Moskauer Aktienbörse blieb am Dienstag den zweiten Tag in Folge geschlossen.

Aus Verunsicherung nahmen weitere Anleger Kurs auf "sichere Häfen". Der Goldpreis stieg um 0,4 Prozent auf 1914 Dollar je Feinunze. Stark gefragt waren auch Bundesanleihen, wodurch die Rendite der zehnjährigen Titel zeitweise wieder unter Null Prozent fiel.

Kräftig zulegen konnten auch Kryptowährungen. So stieg der Kurs von Bitcoin um sieben Prozent auf 44.525 Dollar. Analyst Timo Emden von Emden Research verwies zudem auf verstärkte Käufe der an den Dollar-Kurs gebundenen Cyber-Devise Tether mit Rubel. "Russische Staatsbürger finden in Krypto Assets offensichtlich ein Anlagevehikel, um Sanktionen zu vermeiden und Gelder vermeintlich sicher zu parken."

ZALANDO UND RAIFFEISEN BANK AUF TALFAHRT

Bei den Dax-Werten steuerte Zalando dagegen mit einem Minus von zeitweise mehr als elf Prozent auf den größten Tagesverlust seit gut drei Jahren zu. Die Analysten der Bank Credit Suisse bezeichneten den Ausblick des Online-Händlers als bescheiden.

In Wien setzten die Titel der Raiffeisen Bank ihre Talfahrt fort und fielen um bis zu 12,2 Prozent auf ein Eineinhalb-Tief von 12,88 Euro. Das Geldhaus erwägt Insidern zufolge einen Rückzug aus dem russischen Markt. Das Institut dementierte dies allerdings.