Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Der Bundesrechnungshof hat erneut Fälle kritisiert, in denen der Bund seine Haushaltsmittel zielgerichteter und wirkungsvoller einsetzen sollte. Die Behörde ergänzt damit Prüfungsergebnisse vom Dezember 2023. "Dadurch können wir unsere Feststellungen und Empfehlungen kurzfristig einbringen und so dazu beitragen, dass Fehlentwicklungen und unwirtschaftliches Verhalten in der Bundesverwaltung schneller korrigiert werden", sagte der Präsident der Behörde, Kay Scheller.

"Die Bundesfinanzen stehen vor außerordentlichen Herausforderungen. Der Ernst der Lage erfordert ein durchgreifendes und nachhaltiges Handeln des Bundes", erklärte er. "Unsere Prüfungsergebnisse zeigen auf, an welchen Stellen der Bund seine Haushaltsmittel zielgerichteter und wirkungsvoller einsetzen und so seine Handlungsfähigkeit verbessern kann." Es sei "Zeit für mehr Effizienz". Die Prüfer monierten unter anderem folgende 5 Fälle:


   1. Auszahlungsverzögerung gefährdet Zielerreichung von Programmen 

Das Bundeswirtschaftsministerium hat nach den Erkenntnissen der Prüfer das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) überlastet: Bei drei Förderprogrammen habe das Bafa über 10 Milliarden Euro Fördermittel verspätet an die Antragsteller ausgezahlt. Bei diesen Programmen habe das Ministerium zuvor nicht geprüft, ob das Bafa, das Förderprogramme des Bundes zu Wirtschaftsförderung und Energie etwa zur Verbesserung der Energieeffizienz im Gebäudesektor umsetzt, genügend Personal hatte. Alternativen, etwa die Umsetzung durch einen Projektträger, habe das Wirtschaftsministerium nicht in Betracht gezogen.

In allen Programmen habe das Bafa die vereinbarten Bearbeitungsfristen deutlich überschritten - in einzelnen Jahren bei mehr als 90 Prozent der Verwendungsnachweise. "Unternehmen und Privatpersonen mussten oftmals lange in Vorleistung treten und auf die Auszahlung der Fördermittel warten. Dies gefährdet die Zielerreichung und Akzeptanz der Förderung", monierte der Bundesrechnungshof. Bevor das Ministerium Förderprogramme beschließe oder ändere, müsse es dafür sorgen, dass sie ordnungsgemäß und wirtschaftlich umgesetzt werden können. Das Bafa müsse "in die Lage versetzt werden, Fördermittel fristgerecht an die Antragstellenden auszuzahlen".


   2. Klimaschutz-Datenbank für Gebäude verzögert 

Das Bundesbauministerium blieb beim Aufbau einer Liegenschaftsdatenbank zwei Jahre nahezu untätig, kritisierten die Prüfer. Ohne die Datenbank könne der Bund nicht präzise steuern und kontrollieren, wie er seine Gebäude energetisch und nachhaltig saniere. Die Gebäude des Bundes sollten vorbildhaft beim nachhaltigen Bauen und bei der Energieeffizienz sein. Das Budget für Investitionen im Bundesbau betrug laut den Angaben zuletzt 2 Milliarden Euro jährlich. Als Controlling-Instrument sei die Datenbank Voraussetzung dafür, dass Investitionsmittel wirtschaftlich für die ambitionierten Klimaschutzziele des Bundes eingesetzt würden. Zudem fordere die Europäische Union, Energiedaten von öffentlichen Gebäuden bis zum Jahr 2025 zu veröffentlichen. Das Bauministerium müsse "endlich alles Erforderliche tun, damit die Liegenschaftsdatenbank spätestens Ende 2025 funktionsfähig ist", forderte der Rechnungshof.


   3. Bundeswehr beschafft Batterien für 15-fachen Preis 

Um Sprechsätze mit Gehörschutzfunktion zu betreiben, nutze die Bundeswehr handelsübliche Batterien vom Typ AAA. Für diese zahle sie bis zu 15-mal mehr als nötig. Die Batterien seien über Rahmenverträge für rund 20 Cent pro Stück verfügbar. Dennoch beziehe die Bundeswehr für die erstmalige Ausstattung die Batterien vom Lieferanten der Sprechsätze, der dafür mehr als 3 Euro pro Stück kalkuliere. Bleibe das Beschaffungsamt bei seinen Plänen, solle er insgesamt 2,6 Millionen Batterien mitliefern. Das Bundesverteidigungsministerium halte dieses Vorgehen "für alternativlos". Der Bundesrechnungshof sehe es aber "in der Pflicht, vor allem beim Kauf von handelsüblichen Verbrauchsgütern wirtschaftliche Alternativen zu nutzen".


   4. Nicht mehr benötigte Bundeswehrfachschulen schließen 

Das Bundesverteidigungsministerium hat laut dem Bericht die Kapazitäten der Bundeswehrfachschulen seit Jahren nicht an die stark gesunkene Nachfrage angepasst. Es hätte Fachschulen schließen und frei werdende Ressourcen für Kernaufgaben der Bundeswehr nutzen müssen. Zeitsoldatinnen und -soldaten hätten nach dem Wehrdienst Anspruch auf Förderung ihrer schulischen und beruflichen Bildung. An zehn Fachschulen könnten sie sich ausbilden lassen und Schulabschlüsse erwerben. Der Betrieb der Fachschulen kostete laut den Angaben zuletzt jährlich 25 Millionen Euro. Die Schülerzahlen sanken seit dem Jahr 2014 demnach aber um über 50 Prozent von 2.777 auf 1.279. Alle Reformversuche, die Fachschulen durch zusätzliche Lehrgangsangebote auch für aktive Soldatinnen und Soldaten auszulasten, seien erfolglos geblieben. Das Ministerium müsse die Kapazitäten an der rückläufigen Nachfrage ausrichten und endlich überflüssige Fachschulen schließen.


   5. Keine Klarheit über Bundeseisenbahnvermögen 

Das Bundesverkehrsministerium verzögert nach den Erkenntnissen der Prüfer die Abwicklung des Bundeseisenbahnvermögens (BEV). Die Bundesregierung hätte die Möglichkeit, diese Einrichtung aufzulösen, sobald verbleibende Aufgaben an andere Behörden übergeben seien. Die jährlichen Bundeszuschüsse an das BEV betragen demnach rund 5,5 Milliarden Euro. Seit Jahrzehnten würden die Aufgaben des BEV weniger - wie die Verwaltung des verbeamteten Personals der Deutschen Bahn.

Schon seit 2004 sei die Regierung ermächtigt, das BEV aufzulösen. Der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages habe das Verkehrsministerium schon 2020 aufgefordert, strukturiert darüber zu berichten, wie Aufgaben abgewickelt oder an andere Behörden verlagert werden könnten. Das Ministerium berichte aber nur unzureichend. "Es schafft so keine Klarheit und geht Einsparpotenzialen nicht nach", bemängelte der Rechnungshof.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

DJG/ank/mgo

(END) Dow Jones Newswires

April 18, 2024 09:16 ET (13:16 GMT)