FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Vor den ab heute Nachmittag erwarteten Notenbanker-Reden in Jackson Hole ist Abwarten angesagt. Die Unruhe bleibt aber, die weitere Leitzinsentwicklung ist zu ungewiss. Unverändert gesucht: Unternehmensanleihen von "guten Namen".

25. August 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). In diesen Tagen blickt alles gen Jackson Hole, Wyoming, dem "Epizentrum der Finanzbranche", wie es Anleihehändler Tim Oechsner von der Steubing AG formuliert. Dort hat am gestrigen Donnerstag das jährliche Treffen der internationalen Notenbanker begonnen. Heute um 16 Uhr unserer Zeit spricht US-Notenbankchef Jerome Powell, um 21 Uhr EZB-Chefin Christine Lagarde. Beide Reden werden mit Spannung erwartet. "Marktteilnehmer erhoffen sich Signale darüber, ob die Dämpfung der gesamtwirtschaftlichen Aktivitäten bereits als ausreichend bewertet wird und die Zinszyklen beendet sind", stellt Ralf Umlauf von der Helaba fest.

Bundesbankchef Joachim Nagel äußerte sich schon gestern am Rande der Konferenz: "Es ist für mich viel zu früh, über eine Zinserhöhungspause nachzudenken", erklärte Nagel im Gespräch mit Bloomberg TV. "Wir sollten nicht vergessen, dass die Inflation immer noch bei etwa 5 Prozent liegt. Das ist viel zu hoch."

Nach Einschätzung von Christoph Rieger von der Commerzbank sind deutliche Impulse eher von der EZB zu erwarten. Er verweist auf die sich verschlechternden Konjunkturaussichten im Euroraum, die im Gegensatz zu der von der EZB erwarteten Wachstumsbeschleunigung im zweiten Halbjahr stünden. "Daher könnte Lagarde deutlichere Impulse setzen als Powell, der vermutlich am Szenario eines ‚soft landing‘ der US-Wirtschaft festhalten wird", meint der Analyst.

"Risikoappetit nicht sehr hoch"

Für die USA preisen die Märkte eine weitere Zinserhöhung bis zum November nun wieder mit rund 55 Prozent Wahrscheinlichkeit ein, wie die Deutsche Bank feststellt. Eine erste volle Zinssenkung werde weiterhin für Mai 2024 erwartet. "Mit ebenfalls rund 55-prozentiger Wahrscheinlichkeit sehen die Zinsterminmärkte eine weitere Leitzinserhöhung der EZB bis zum Jahresende."

Im Rentenhandel herrscht weiter Unruhe. "Die Märkte sind nervös", erklärt Rentenhändler Rainer Petz von Oddo BHF. Oechsner zufolge gilt unverändert "risk off": "Die Marktlage ist weiter schwierig, der Risikoappetit ist nicht sehr hoch." Die Renditen sind zuletzt wieder gefallen. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren aktuell mit 2,52 Prozent, vergangene Woche waren es kurzzeitig über 2,70 Prozent.

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Türkei-Bonds auf Verkaufslisten

Die anhaltend schwierige Lage in der Türkei mit im Juli abermals gestiegener Inflation führt zu Verkäufen selbst von auf US-Dollar lautenden Türkei-Anleihen (US900123AW05), wie Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank berichtet. Die bis 2025 laufenden Papiere mit Kupon von 7,375 Prozent rentieren aktuell mit 6,99 Prozent. Die Inflation war zuletzt acht Monate gesunken, im Juli aber erneut kräftig auf fast 48 Prozent gestiegen.

Immo-Branche: Immer neue Schlagzeilen

Unterdessen geht es weiter mit schlechten Nachrichten aus der Immobilienbranche. Nach unten ging es diese Woche für vier Anleihen des Wiener Immobilienentwicklers UBM Development (AT0000A2AX04, AT0000A2QS11, AT0000A35FE2, AT0000A23ST9). "UBM hat einen voraussichtlichen Verlust von bis zu 35 Millionen Euro für das erste Halbjahr gemeldet", berichtet Daniel. Allerdings hätten die Anleihen schon vorab geschwächelt. "Eine echte Überraschung waren die Unternehmenszahlen aufgrund der Krise in der Branche nicht." Mittlerweile sieht Daniel Käufe und Verkäufe gleichermaßen.

Neues kommt vom Süßwarenhersteller Katjes International: Die Anleihe () im Volumen von 110 Millionen Euro soll zwischen 6,25 bis 7,50 Prozent bieten und bis September 2028 laufen. Für den alten, bis 2024 laufenden Bond (DE000A2TST99) gibt es ein Umtauschangebot. Mit einer Stückelung von 1.000 Euro richtet sich die Neuemission auch an Private Anleger*innen. Die Zeichnungsfrist über die Zeichnungsfunktionalität der Frankfurter Börse läuft vom 4. bis 14. September.

von: Anna-Maria Borse, 25. August 2023 © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)